Das Jahr 2023 hat den Immobilienmarkt in Deutschland maßgeblich geprägt und zahlreiche Herausforderungen mit sich gebracht. Angefangen bei steigenden Zinsen und Baukosten bis hin zu einem anhaltenden Wohnungsmangel sowie einer Transaktionskrise, haben sich die Bedingungen für Käufer, Verkäufer und Investoren deutlich verändert. In diesem Blogartikel werfen wir einen Blick zurück auf das vergangene Jahr und analysieren, welche Auswirkungen die verschiedenen Faktoren auf den deutschen Immobilienmarkt hatten. Dabei werden wir sowohl die positiven als auch negativen Entwicklungen beleuchten und mögliche Trends für die Zukunft aufzeigen.
Zinsen
Der schnelle Anstieg der Inflation in der Eurozone hat zu einer drastischen Reaktion seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) geführt. Innerhalb eines Jahres wurde der Leitzins von null auf 4,5 % erhöht, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Diese Maßnahme soll langfristig für Stabilität sorgen und die Preissteigerungen eindämmen.
Jedoch bringt diese Entscheidung auch Schwierigkeiten mit sich, insbesondere für den Baugewerbesektor. Viele Bauunternehmen sehen sich nun mit zusätzlichen Kosten konfrontiert, da zahlreiche Bauprojekte durch die gestiegenen Zinsen und den damit verbundenen höheren Finanzierungskosten unrentabel geworden sind. Dies stellt eine große Belastung dar und führt dazu, dass einst profitable Projekte nicht mehr realisierbar sind.
Die Auswirkungen spiegeln sich auch bei den Zinsen für Baufinanzierungen wider, die aktuell zwischen 3,44 und 4,05 % liegen (Stand: 13.12.2023). Dies bedeutet höhere monatliche Annuitäten und erschwert potenziellen Kreditnehmern den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten.
Baukosten
Laut dem Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung hat die Zahl der abgebrochenen Bauprojekte im Oktober einen neuen Höchststand erreicht. 22 Prozent der Unternehmen gaben an, ihre Projekte aufgrund von steigenden Zinssätzen und Baukosten abbrechen zu müssen. Besonders betroffen ist der Wohnungsbau, wo sich die Situation weiter verschlechtert. Immer mehr Unternehmen klagen über Auftragsmangel. Im November waren es bereits 49,1 Prozent der Unternehmen, nach 48,7 Prozent im Vormonat. Dies stellt den achten Anstieg in Folge dar und deutet auf eine anhaltende negative Entwicklung hin. Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo Umfragen kommentiert: „Den Wohnungsbauunternehmen springen reihenweise die Kunden ab. Die hohen Baukosten und das aktuelle Zinsniveau lassen viele Bauherren verzweifeln.“ Unter diesen Bedingungen rentieren sich viele Projekte einfach nicht mehr und müssen zurückgestellt oder sogar gestrichen werden. Für einige Unternehmen wird das schwache Neugeschäft gefährlich: 11,1 Prozent melden Finanzierungsschwierigkeiten – ein Anstieg gegenüber dem Vormonat (9,9%). Gleichzeitig befindet sich das Geschäftsklima mit außerordentlich schwachen -54,6 Punkten auf einem historischen Tiefstand seit Beginn der Erhebung im Jahr 1991. Trotz ähnlicher Ergebnisse in den vorangegangenen Monaten gibt es keine Anzeichen einer Verbesserung: „Die Stimmung unter den befragten Betrieben bleibt eisig“, so Wohlrabe. Auch die Insolvenz der Signa-Holding wird nicht zur Verbesserung der Stimmung beitragen.
Wohnungsmangel
Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Städten wie Berlin hat ernsthafte Auswirkungen auf die Bevölkerung und den Immobilienmarkt. Mit einer Belegungsrate von über 99 Prozent haben die Bewohner kaum Spielraum für Veränderungen oder Umzüge, was zu einem enormen Druck auf dem Wohnungsmarkt führt. Laut einem Bericht der Deutschen Vereinigung für Immobilieninvestitionen (DAVE) sind die Basis-Mietpreise im letzten Jahr in den meisten deutschen Städten um fünf bis zwölf Prozent gestiegen. Dieser Anstieg ist hauptsächlich auf eine übermäßige Nachfrage und ein geringeres Angebot als erwartet zurückzuführen. Solange sich diese Situation nicht ändert, besteht das Risiko weiter steigender Mieten. Interessanterweise zeigen jedoch Prognosen für die Wohnungspreise einen entgegengesetzten Trend. Nachdem sie 2022 ihren Höhepunkt erreicht hatten, sind sie um mehr als zehn Prozent gefallen. Für das Jahr 2024 prognostizieren Experten sogar einen weiteren durchschnittlichen Rückgang von 2,8 Prozent. Diese Entwicklung wird vor allem durch den Zinsanstieg der Europäischen Zentralbank (EZB) verursacht, der das Ende des Zeitalters der günstigen Hypothekendarlehen markiert hat. Die neuen wirtschaftlichen Bedingungen machen es immer mehr Menschen unmöglich, eine Immobilie zu kaufen. Viele potenzielle Käufer wurden vom Markt verdrängt und können sich keine Eigentumswohnung oder -haus leisten. Die Auswirkungen dieser Entwicklungen sind bereits spürbar. Laut DAVE sind die Immobilienverkäufe in Deutschland in der ersten Hälfte des Jahres 2023 um die Hälfte zurückgegangen, was zu einem Gesamtwert von knapp unter 15 Milliarden Euro führte – dem niedrigsten Stand seit 2012. Neben den sinkenden Verkaufszahlen haben auch die laufenden Kosten für Hausbesitzer erheblich zugenommen. Heizung, Strom und kommunale Gebühren belasten das Budget vieler Eigentümer zusätzlich.
Transaktionskrise
Die Immobilienbranche in Deutschland verzeichnet einen erheblichen Rückgang bei den Transaktionen. Im Vergleich zum dritten Quartal 2022 wurden über alle Marktsegmente hinweg rund ein Drittel weniger Verkäufe getätigt. Noch schockierender ist jedoch der Einbruch im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2019, 2020 und 2021, der bis zu 50 Prozent beträgt. Diese Zahlen bedeuten knapp ein Viertel weniger Abschlüsse als bereits im schwachen Jahr 2022 und stellen den niedrigsten Wert seit Beginn der gesamtdeutschen Zeitreihe im Jahr 1995 dar. Das bundesweite Umsatzvolumen wird voraussichtlich um 29,1 Prozent auf etwa 198,1 Milliarden Euro sinken. Sowohl die Umsatzzahlen als auch die Fallzahlen zeigen somit die bisher stärksten Rückgänge aller Zeiten an, wie das Hamburger Gewos-Institut bekannt gab. Derzeit befindet sich der Immobilienmarkt in einer schwierigen Phase, da sowohl Investoren als auch Verkäufer zurückhaltend agieren. Dies liegt zum einen daran, dass die Preisfindung noch nicht abgeschlossen ist und somit Unsicherheit besteht. Zum anderen sind viele Investoren unentschlossen und zögern mit dem Verkauf ihrer Objekte. Dieses Zögern führt dazu, dass es für potenzielle Käufer nur wenige Möglichkeiten gibt, geeignete Investments zu finden. Das Transaktionsvolumen bis Ende September beläuft sich daher lediglich auf rund 23 Milliarden Euro – ein Rückgang von beeindruckenden 57 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Obwohl es im August eine große Transaktion eines Supermarkt-Portfolios gab, speist sich der Markt aktuell hauptsächlich aus kleineren Transaktionen bis maximal 70 Millionen Euro. Diese kleineren Deals können jedoch nicht das gesamte Marktvolumen auffangen. Die Situation wird zusätzlich durch den schnellsten Zinsanstieg in der deutschen Wirtschaftsgeschichte erschwert. Dies hat eine Negativspirale ausgelöst und verunsichert die Akteure am Markt weiterhin. Selbst ein erfolgreiches Immobilienmanagement kann dieser Entwicklung kaum entgegenwirken. Es wird erwartet, dass sich die Lage mittelfristig nur langsam entspannen wird. Der Grund dafür ist unter anderem das Fehlen von Neuentwicklungen aufgrund hoher Grundstückspreise und Finanzierungskosten sowie fehlender Kaufinteressenten für profitablen Exitstrategien. Diese stagnierende Situation setzt den Markt zunehmend unter Druck und führt dazu, dass viele Investoren abwarten. Dies wiederum blockiert weitere Möglichkeiten und verhindert eine schnelle Erholung des Marktes. Allerdings gibt es auch positive Aspekte: Sobald diese Blockade überwunden ist, wird der Markt voraussichtlich wieder an Dynamik gewinnen. Die Investoren werden sich dann auf neue Chancen konzentrieren können und somit die Aktivität am Immobilienmarkt steigern. Insgesamt besteht jedoch momentan ein erheblicher Druck auf den Markt, der eine langsame Erholung erfordert.
Ausblick und Chancen
Sowohl die Deutsche Vereinigung für Immobilieninvestitionen (DAVE) als auch der IVD (Immobilienverband Deutschland) glauben, dass sich der deutsche Immobilienmarkt erholen wird, wobei DAVE den Beginn der Erholung Anfang 2024 und der IVD erst im vierten Quartal des nächsten Jahres sieht. Auch das Forschungsinstitut Empirica prognostiziert kein Platzen der Immobilienblase im Jahr 2024. Insgesamt ist die tatsächliche Entwicklung auf dem Markt besser als das aktuelle Investitionsklima.
Um auch in Zukunft erfolgreich am Immobilienmarkt agieren zu können, sind eine hohe Innovationsfreude und schlanke Strukturen unabdingbar. In einer Branche, die ständig im Wandel ist und von technologischen Fortschritten geprägt wird, müssen Unternehmen bereit sein, neue Ideen umzusetzen und sich an veränderte Marktbedingungen anzupassen. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg eines Immobilienprojekts sind die Baukosten. Während man auf Zinsänderungen keinen Einfluss hat, besteht bei den Baukosten die Möglichkeit aktiv einzugreifen. Eine gründliche Planung ist der Schlüssel zum erfolgreichen Bauen. Durchdachte strategische Entscheidungen schon im Vorfeld ermöglichen es somit effizienter und kostengünstiger zu bauen. Doch Innovation geht über rein finanzielle Aspekte hinaus – Nachhaltigkeit spielt eine immer größere Rolle in der Immobilienbranche. Das Setzen auf nachhaltige Gebäudekonzepte sowie innovative Bautechnologien-und Materialien bietet nicht nur ökologische Vorteile für kommende Generationen, sondern eröffnet auch langfristiges Einsparpotential für Investoren. Denn nachhaltige Gebäude reduzieren Energie-und Wasserverbrauch sowie Instandhaltungskosten.
Was sich nicht ändern wird ist, dass auch 2024 der Schlüssel für Erfolg darin liegt, gute und schlechte Immobilienangebote zu unterscheiden. Dies zu analysieren wird komplexer, denn es spielen immer mehr Faktoren eine Rolle.
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