“Finanzieller Erfolg ist eine Sache, die sich langfristig gerechnet hat”: Ralph Jacoby, Experte und Beirat für Familienunternehmen in Baden Württemberg, im Interview mit Verumvest.
Ralph Jacoby ist Gründer und Vorstand der Jacoby & Cie. AG sowie Managing Partner der JF Mittelstandspartner GmbH. Außerdem ist er Mitglied des Aufsichts- bzw. Beirats der VOIT Automotive GmbH, der SEEBURGER AG und der Wakol GmbH u.a.. Er ist außerdem Vater von drei Kindern und lebt in der Nähe von Stuttgart.
Im Interview mit Verumvest erzählt der Familienvater uns, warum “Mit Menschen gewinnen” sein Slogan ist, welches seine beste Entscheidung war und warum er Finanzwissen für wichtig hält.
Benjamin Leschkowski (BL): Herr Ralph Jacoby, in den 80er-Jahren haben Sie bei Porsche das Konzerncontrolling mit aufgebaut. Danach waren sie bei „Thurn und Taxis – Fürstliche Beteiligung“, dann über 14 Jahre bei der Bertrandt AG. Und seit über 15 Jahren sind Sie mittlerweile Sparringspartner für den Mittelstand, wenn es um das Thema Beirat, Strategiethemen und Beratung geht. Herzlich willkommen!
Ralph Jacoby (RJ): Vielen Dank.
BL: Wir haben uns beide über LinkedIn kennengelernt. Damals war Ihr Claim bei LinkedIn „mit Menschen gewinnen“. Das hat mich interessiert, so sehr, dass ich Sie angeschrieben habe. Was bedeutet der Claim für Sie?
RJ: „Mit Menschen gewinnen“ ist natürlich erst einmal auf die Menschen direkt bezogen. Meine Erfahrung, als jemand der Führungsverantwortung gehabt und als Vorstand einen kleinen Konzern mitführen durfte, sagt einfach: Menschen muss man auf die Reise mitnehmen. So kann man viele Projekte realisieren, viele Fortschritte erzielen und Wachstum erfolgreich bewältigen. Das geht selten gegen die Menschen. Deswegen heißt mein Slogan: „Mit Menschen gewinnen“. Außerdem glaube ich, dass Menschen gewinnen, auch mit Respekt, mit Wertschätzung, mit Sympathie und mit Offenheit zu tun hat. Mit Menschen, die ich gewonnen habe, habe ich schon viele Erfolge erzielen können.
BL: Ich stelle mir das relativ schwer vor, bei Porsche ein Konzern-Controlling einzuführen. Ingenieure, die sonst nur bedacht waren, das Beste vom Besten zu nutzen, nicht auf Zahlen geguckt haben, werden auf einmal aufgefordert, auf Kosten und Zahlen zu achten. Wie war das damals?
RJ: Das war eine kleine Kulturrevolution. Die wurde dadurch eingeleitet, dass Porsche einen neuen Vorstandsvorsitzenden hatte. Der kam aus den USA und hat mit amerikanischer Denke sehr früh gefragt: „Wo ist das Controlling?“ Und es gab keins. Daraufhin haben die Personalverantwortlichen bei Porsche relativ schnell nach einer Handvoll Leuten geschaut, die willens und in der Lage sind, relativ schnell ein Controlling aufzubauen. Meine vorigen Erfahrungen in anderen Firmen haben mir da sehr geholfen. Wir waren also, ich sage mal, ein Kernteam. Und dieses Kernteam, wie sie gerade gesagt haben, hat viele Techniker und Ingenieure, promovierte Ingenieure, mit einem gewissen Habitus und mit einem Selbstverständnis dafür gewinnen müssen, letztendlich auch in wirtschaftlichen Dimensionen zu denken.
In der ersten Phase, bevor ich kam, war die Firma Porsche praktisch ein Unternehmen, was Fahrzeuge gebaut hat und an den Fahrzeugverkäufen verdient hat. Wir haben dann eine Phase gehabt, für die ich mitverantwortlich war, in der wir das Geschäft segmentiert haben. Das heißt, wir haben gesagt, es gibt Ersatzteile, es gibt eine Fremdentwicklung, es gibt Rennsport, es gibt Formel-1-Motoren, es gibt eine Werksreparatur und das haben wir Profitcenter-Kultur genannt. Und wir haben praktisch wie Unternehmer im Unternehmen, jedem Profitcenter einen Unternehmer, einen Verantwortlichen, einen Chef gegeben. Die waren sozusagen meine Gesprächspartner und ich war ihr Buddy oder ihr Coach, wenn Sie so wollen. Und nachdem die relativ viel dann auch berichten mussten, über ihre unternehmerischen Erfolge, war ich da sehr schnell sehr gefragt.
BL: Waren Sie denn damals eines der ersten Unternehmen in Deutschland, die das umgesetzt haben?
RJ: Nein. Porsche war nicht eines der ersten Unternehmen. Es gab viele Unternehmen, die die Betriebswirtschaft schon damals sehr hochgehalten haben. Das Controlling war natürlich noch eine relativ junge Philosophie. Controlling war nicht gemeint, im Sinne von kontrollieren, sondern im Sinne von steuern, planen, vorausschauen und Szenarien entwerfen. Diese Controlling-Philosophie war, so gesehen haben Sie recht mit ihrer Frage, eher noch jung – nicht neu, aber jung. Und dadurch gab es natürlich auch viele Gestaltungsmöglichkeiten.
BL: Was war damals die größte Herausforderung für sie bei dem Thema?
RJ: Die größte Herausforderung war schon, die Menschen dafür zu gewinnen, womit wir bei unserem Slogan sind. Es galt, die Überzeugung in ihnen zu wecken, dass nachhaltiger unternehmerischer Erfolg auch in einem größeren Unternehmen wie Porsche absolut notwendig und sinnvoll ist.
BL: Das heißt, sie haben die Grundlage für den heutigen Erfolg des Unternehmens mitgelegt.
RJ: Den Schuh würde ich mir nicht anziehen, der wäre mir zu groß. Schließlich gab es damals schon Leute wie den Wiedeking, der damals Assistent beim Produktionsvorstand war. Wir waren eine junge Liga, die, ich sage mal, schon einiges vorangebracht hat.
BL: Heute, Herr Jacoby, gewinnen Sie regelmäßig Menschen für sich selbst und für Ihr Unternehmen, für Ihre Mandate. Wie viele Mandate betreuen Sie aktuell?
RJ: Ich habe in der Regel mehrere Beiratsmandate und manchmal auch einen Aufsichtsrat dabei. Das sind zurzeit vier. Da ich nicht zu viel machen möchte, habe ich in der Regel zwischen drei und fünf Mandate, die ich parallel betreue. Das bedeutet letztendlich eine enge Kommunikation, ein hohes Vertrauen, viel zuhören, verstehen und von daher ein überschaubares Feld, aber auch ein sehr spannendes Feld. Und auch ein Feld, was sehr viel mit den Menschen zu tun hat, die hier agieren oder entscheiden.
BL: Wenn Sie sich heute Mandate aussuchen, was ist Ihnen dabei wichtig? Geht es da um die Geografie? Sie selbst kommen ja aus der Nähe von Stuttgart. Oder was für Punkte zählen, dass ein Mandat für Sie interessant wird?
RJ: Für mich sind Mandate dann interessant, wenn in dem Unternehmen eine Perspektive besteht. Wenn die Bereitschaft und die Offenheit da sind, auch in die Zukunft zu planen und sich nicht an der Vergangenheit zu orientieren. Und wenn es in einem gewissen Aktionsradius liegt. Also ich bin im Home Base, bei mir Stuttgart und von daher arbeite ich so ganz grob 200-300 Kilometer um Stuttgart herum. Das heißt, da geht es nach Frankfurt, da geht es nach München, da geht es ins Saarland, nach Rheinland-Pfalz und da geht es im Süden auch in die Schweiz. Dort sitzen viele mittelständische Unternehmer, mit mittelständischen Strukturen, oft auch mit Historie, mit Familien-Hintergrund. Das sind die Aufgabenstellungen, die mich reizen.
BL: Sie begleiten das Thema jetzt schon über 15 Jahre. Haben Sie in diesen 15 Jahren gemerkt, dass sich etwas verändert hat? Die Bereitschaft etwa, externe Berater dazu zu holen?
RJ: Ja. Ich glaube und sage das ganz offen, dass Berater nicht unbedingt immer gut beleumundet sind. Unter Beratern versteht man oft so etwas wie Theorie, Besserwisserei, Bevormundung und ähnliche Dinge. Da ich ja sozusagen selber lange unternehmerisch tätig war, lautet mein Credo eher: zuhören, verstehen, Themen erkennen und daraus letztendlich auch zukünftige Bilder, Szenarien und Ähnliches abzuleiten und diese sehr offen und sehr vertrauensvoll zu diskutieren.
BL: Sie haben davon berichtet, was Sie an Mandaten spannend und interessant finden. Gibt es etwas, auf das Sie bei Mandaten auch verzichten könnten?
RJ: Ich glaube, dass man sich bei der Arbeit mit Mandaten grundsätzlich immer darauf einstellen muss, dass man eine gewisse Flexibilität und Mobilität mitbringen muss. Manchmal darf das auch ein bisschen stressig sein. Damit habe ich kein Problem. Worauf ich verzichten kann, ist letztendlich, wenn zwischen den Beteiligten im Unternehmen Spiele gespielt werden. Wenn nicht offen miteinander umgegangen wird und wenn Probleme unter den Teppich gekehrt werden. Auf der anderen Seite bin ich ja dafür da. Meine Mission ist ja, die Dinge in einem gewissen Vertrauensverhältnis und einer vertrauensvollen Atmosphäre zu ventilieren und diese Dinge dann konkret, offen und auf den Punkt gebracht anzugehen.
BL: Ein Thema, das uns und unsere Kunden besonders beschäftigt, ist das Thema Finanzierung bzw. Finanzierung von Immobilien. Ich habe gesehen, dass auch Sie sich in einem anderen Kontext um das Thema Finanzierungen kümmern. Mich würde darum interessieren: Wenn Sie bei Ihren Mandaten zum Thema Finanzierung agieren, ob es im Augenblick irgendetwas gibt, wovon Sie sagen, dass es eine besondere Herausforderung darstellt, die Sie gerade haben?
RJ: Ja, da gibt es viele. Ich habe als Vorstand bei Bertrandt sehr viel mit Finanzierungen zu tun gehabt, weil wir ein stark wachsendes Unternehmen waren. Auf dem Weg von 150 zu 3.000 Mitarbeiter gab es viele Schwellen, viele Investitionen, die finanziert werden mussten. Meine erste Lehre, die ich heute in meiner Praxis anwende, ist, dass die Welt viel komplexer geworden ist. Dennoch kommt es auf der anderen Seite sehr stark auf Vertrauen an. Vertrauen in Sachen Finanzierung ist, glaube ich, Kommunikation. Das ist ein Thema, das unterschätzt wird und hat heute im technokratischen Sinne unheimlich viele Vorgaben: Basel I, Basel II, Basel III und vieles mehr. Aber im Grunde genommen muss ich mit Glaubwürdigkeit überzeugen und Vertrauen aufbauen, damit sich beide der Finanzierer – sei es Eigenkapitalfinanzierung, sei es Private Equity, sei es eine Bankfinanzierung, sei es Schuldscheingeber oder Ähnliches – ein Vertrauen aufbauen müssen, in das was, sie finanzieren. Und sie können nur ein Vertrauen aufbauen über eine offene Kommunikation, über Transparenz und über ein Grundverständnis für das, was da passiert.
BL: Das heißt letztendlich, dass es auch dort wieder um Beziehungen mit Menschen geht und darum, mit Menschen zu gewinnen.
RJ: Ich glaube, dass wir heute in unserer sehr digitalisierten Welt, die noch längst nicht am Ende ist mit der Digitalisierung, wieder eine zunehmende Bedeutung von Kommunikation und der Interaktion zwischen Menschen erleben werden. Das setzt aber bestimmte Werte und eine bestimmte Haltung voraus. Und ich sage bewusst auch einen Kommunikationswillen und Kommunikationskompetenz.
BL: Sehen Sie, gerade mit Hinblick auf Start-ups oder Jungunternehmer, bei denen es häufig um große Finanzierungsrunden geht, Fehler bei Finanzierungen, die Ihrer Meinung nach gemacht werden?
RJ: Ja, ich würde sagen, dass das nicht schuldhaft ist, aber einfach in der Natur der Sache liegt. Viele Start-ups, von denen ich einige begleitet liegt oder immer noch begleite, sind sehr stark inside-out orientiert. Sie sind sehr stolz auf das, was sie als Idee haben, was sie realisieren und erreichen wollen. Viele von ihnen sind noch nicht, ich sage jetzt bewusst noch nicht, in der Lage, sich in die Situation von Investoren zu versetzen. Sagen, was könnte uns zuwiderlaufen, mit welchen Problemen müssen wir rechnen? Gibt es die Idee vielleicht schon mal woanders? Hatte das schon mal jemand realisiert? Also ich bringe es mal auf den Punkt und sage zu dem Inside-out, völlig legitim, braucht es auch einen „Outside-in“, auch den Blick von außen, den neutralen Blick, den Fremdblick. Das hilft, glaube ich, die Dinge realistisch einzuschätzen.
BL: Sehen Sie das als eine Herausforderung nur für den Start-up-Bereich, oder begegnet Ihnen das zum Beispiel auch im Mittelstand?
RJ: Das begegnet mir auch im Mittelstand. Ich habe vorhin das Thema Zukunft und Vergangenheit angesprochen. Natürlich ist es honorig und sehr oft sogar bewundernswert, welche Lebensleistung in Unternehmen steckt, von Inhabern, von der Geschäftsleitung, von den Mitarbeitern, die Werte geschaffen haben. Aber die Vergangenheit ist nicht die sichere Bank für die Zukunft. Also muss man auch in die Zukunft schauen. Das sind Punkte, die ich dann moderiere und wo viele aber auch gerne mitgehen, weil sie verstehen, dass sie in der Zukunft gestalten können. Die Vergangenheit ist passé, daran können sie nichts mehr ändern.
BL: Da sprechen Sie ein schönes Thema an. Um es ein bisschen größer zu machen: den Standort Baden-Württemberg. Sie kommen viel mit dem Mittelstand zusammen. Wie sicher sehen Sie denn den Standort Baden-Württemberg und die Mittelständler aufgestellt? Ist das zukunftssicher? Sind sie zukunftsgewandt in Baden-Württemberg?
RJ: Ich glaube, dass wir in Baden-Württemberg oder überhaupt in Deutschland im Mittelstand weiterhin eine sehr stabile Situation erleben. Ich schätze besonders die Stärke des Mittelstands, sich an Veränderungen anzupassen, eine gewisse Resilienz zu haben, also auch mit Rückschlägen, Niederlagen, Problemen umzugehen. Wenn wir jetzt an die Corona-Situation denken, ist das nur ein Beispiel. Viele haben damit gerechnet, dass wir am Ende starke Abwärtsbewegungen erleben. Am Ende des Tages haben wir in 2021 aber viele Unternehmen erlebt, die zugepackt haben, in die Hände gespuckt haben und die Themen aktiv angegangen haben. Und plötzlich sogar profitable Ergebnisse erwirtschaftet haben. Von daher sehe ich Baden-Württemberg durchaus gut. Auf der anderen Seite muss ich sagen, Bundesländer, die Strukturkrisen hinter sich haben, denken Sie mal an das Saarland, denken Sie mal an Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen, da sind wir schon auch ein bisschen verwöhnt. Da tut es uns manchmal vielleicht ganz gut, auch mal zu sagen, auf was wir uns vorbereiten müssen, wenn es jetzt zum Beispiel einen Strukturwandel im Automobilbereich gäbe, der ja bereits längst im Gange ist. Ich glaube, da müssen sich viele Zulieferer noch intensiver über ihre Zukunft und über ihre Strategien, um diese Themen zu lösen, Gedanken machen.
BL: Umso schöner und wichtiger, dass es Menschen wie Sie gibt, die dabei helfen.
RJ: Danke.
BL: Vielen Dank. Da sprechen Sie ein Thema an, was auch für uns ein Thema ist, nämlich dann, wenn es darum geht, Standortanalysen durchzuführen. Und da haben wir für uns selbst auch festgestellt, dass Baden-Württemberg während der Corona-Krise wesentlich besser abgeschnitten hat, wenn es darum geht, die Anzahl der Arbeitsplätze zum Beispiel zu vergleichen mit anderen Bundesländern. Für uns auch immer relevant: „Was geht mit den Immobilienpreisen in den jeweiligen Standorten?“ Und deswegen kann ich das nur unterstreichen. Auch dort sehen wir einen Zuwachs. Gehen wir aber nun mal ein ganz anderes Thema an. Warum machen Sie heute das, was Sie tun?
RJ: Weil ich es liebe! Meine Arbeit erfüllt mich. Ich sehe es nicht als Job oder reinen Beruf, den ich einfach mache, um Geld zu verdienen, sondern ich habe mit so vielen Themenstellungen, so vielen Menschen zu tun, so viel in Situationen zu tun, in denen mir Vertrauen geschenkt wird. Das hängt sicher auch mit meiner Unabhängigkeit zusammen. Ich mache es, weil ich es will und nicht, weil ich muss, nicht weil ich jemandem darüber berichten muss. Und von daher für mich ist es eine Passion.
BL: Rückblickend betrachtet, was war die beste Entscheidung in Ihrer beruflichen Laufbahn?
RJ: Ich glaube, da gab es viele gute Entscheidungen. Aber meine beste Entscheidung war letztendlich, nach gut 25 Jahren in Führungspositionen, zuletzt bei Bertrandt, wo der Schwerpunkt sicher in der Automobilindustrie lag, den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen. Wie ich das aus meiner Warte sehe, spielen viele mit dem Gedanken, manche tun es und trauen sich dann auch. Ich denke, man muss sich darüber im Klaren sein, dass man das nur ganz oder gar nicht machen kann. Also ein bisschen selbständig, glaube ich, ist nicht erfolgreich und ich bin glücklich, dass ich den Schritt gemacht habe. Der hat mir viele neue Perspektiven, Blickwinkel eröffnet und mich auch im Leben noch vieles gelehrt.
BL: Mit Entscheidungen haben Sie ein spannendes Thema angesprochen, das auch für unsere Kunden und für uns sehr wichtig ist. Denn, ganz oft geht es darum, dass unsere Kunden zum allerersten Mal bei uns eine Entscheidung treffen, nämlich die Entscheidung dafür, aktiv in etwas zu investieren. Viele tun sich damit schwer. Haben Sie vielleicht Unterstützung in dem Bereich oder einige Tipps, die Sie Kunden von uns oder anderen mit an die Hand geben können?
RJ: Ja, ich glaube, der erste Punkt, den ich in meinem Berufsleben gelernt hatte oder in meinem Leben: Nicht jede Entscheidung muss richtig sein. Also, bei dem Firmenwachstum, von dem ich vorhin berichtet habe, würde ich sagen, haben wir von zehn Entscheidungen acht richtige gehabt und zwei falsche. Hätten wir aber die acht richtigen nicht getroffen oder als Entscheidung nicht getroffen, wären wir nicht vorangekommen. Es gibt ja den alten Spruch „Stillstand ist Rückschritt“. Von daher glaube ich, dass Entscheidungen, auch wenn sie falsch sind, einen immer voranbringen. Wenn man eine falsche Entscheidung trifft, finde ich es nicht wichtig, sie zu kritisieren, sondern zu lernen, warum man sie beim nächsten Mal anders macht. Das hat unseren Erfolg letztendlich mitbegründet.
BL: Sie haben schon von ein paar Entscheidungen in Ihrer Karriere berichtet. Waren denn alle Entscheidungen richtig, die Sie jemals getroffen haben?
RJ: Nein, die können auch gar nicht alle richtig sein. Für mich setzen falsche Entscheidungen einfach eine gewisse Fehlerkultur voraus, eine gewisse Toleranz, Bandbreite, die man da mitbringen muss. Aber wenn man unternehmerisch tätig ist oder sich unternehmerisch engagieren will. Auch eine Immobilie ist ja im Prinzip ein gewisser Invest, da muss man, glaube ich, in der Lage und willens sein zu entscheiden. Und ich glaube, in dem Moment, wo man eine Entscheidung getroffen hat, geht es einem auch besser. Weil Entscheidungen vor sich herzuschieben, Entscheidungen zu vertagen, das kennen ja viele von uns, fühlt sich nicht gut an.
BL: Jetzt haben Sie mit Investments auch ein neues Themenfeld aufgemacht, nämlich das vom finanziellen Erfolg. Was bedeutet für Sie persönlich finanzieller Erfolg?
RJ: Also finanzieller Erfolg, würde ich sagen, ist grundsätzlich eine Sache, die sich langfristig gerechnet hat. Also geht es nicht um die Quick Wins, also die kurzfristigen, schnellen Erfolge, die morgen aber schon Schnee von gestern sind oder schon vielleicht wieder verraucht. Ich glaube an langfristigen finanziellen Erfolg. Das Zweite ist, dass die Sinnhaftigkeit von finanziellen Entscheidungen eine große Rolle spielt. Finanzieller Erfolg setzt für mich auch voraus, dass man nach so und so vielen Jahren das Gefühl hat, dass man eine gute Investition getätigt hat. Das kann man theoretisch bis zum Moralischen ausdehnen und sagen: „Ich habe was Sinnvolles getan, ich habe etwas Richtiges getan und ich bin damit vielleicht auch niemandem auf die Füße getreten.“
BL: Das ist spannend. Das kann ich unterstreichen durch ein Zitat von Bill Gates, der hat mal gesagt: „Viele überschätzen, was sie in einem Jahr und unterschätzen, was sie in zehn Jahren erreichen“ ist das vielleicht auch etwas, was sie…
RJ: …würde ich unterstreichen.
BL: Sie sind ja heute hier, nicht nur als Ralph Jacoby, der Unternehmen berät, sondern auch als Privatperson. Wie bilden Sie sich denn als Privatpersonen für finanzielle Themen fort?
RJ: A, durch viele Gespräche. Ich glaube, der Austausch ist ganz wichtig. Also das berühmte Thema Netzwerk, Thema Austauschen, Thema Erfahrungen von anderen sammeln. Wie heißt der alte Spruch „Grau ist alle Theorie“, in der Praxis die Dinge zu hören, auch von anderen. welche Erfahrungen die zum Beispiel mit welcher Finanzierung machen, worauf es ankommt, welche unerwarteten Rückschläge oder Hürden es da möglicherweise gab. Also da bin ich mal grundsätzlich neugierig, spreche mit Leuten, höre mir die Dinge an und stelle gezielte Fragen. Und ich glaube, dass das kolossal hilft, um mit einer gewissen Routine dann auch mit Finanzierungsthemen umzugehen.
BL: Jetzt klingt das so, als wenn Sie sich sehr aktiv zum Thema Finanzen austauschen. Wenn Sie sich mal in Ihre Kindheit zurückerinnern, wie aktiv haben Ihre Eltern mit Ihnen über Finanzen gesprochen?
RJ: Meine Eltern haben mit mir wenig über Finanzen gesprochen. Aber die andere Seite war die: meine Eltern waren beide unternehmerisch tätig. Von daher habe ich in einem Unternehmerhaushalt relativ früh mitbekommen, welche Rolle Finanzen und Finanzierung spielen für den Erfolg und für die Existenz. Es war eigentlich mehr eine, ich sag‘ jetzt mal, eine intuitive Lernkurve oder eine intuitive Erfahrung, aber keine, bei der ich gezielt fortgebildet wurde im Elternhaus.
BL: Gehen Sie heute mit Ihren Kindern anders damit um? Sind Finanzthemen zu Hause aktiv ein Thema?
RJ: Ich habe drei Kinder und bin bei meinen Kindern der Meinung, dass sie mit Finanzierungen ihre eigenen Erfahrungen machen müssen. Natürlich hilft es immer, wenn sie ein gewisses Budget haben. Der eine gibt sein Budget ganz schnell aus, der oder die andere schafft es, den Kapitalstock vielleicht sogar zu mehren. Also ich glaube, dass eigene Erfahrungen, auch in Sachen Finanzierung, wertvoll sind, wiewohl es natürlich manchmal ganz gut ist, wenn man jemanden hat, den man fragen kann.
BL: Wie sehen Sie das generell? Finanzwissen in Deutschland? Sehen Sie, dass das eher gut verbreitet ist, dass offen darüber gesprochen wird oder Ihrer Meinung nach zu wenig? Gibt es da eine Meinung von Ihnen dazu?
RJ: Ich glaube, zum einen ist Finanzwissen ein bisschen ein unbekanntes Terrain für viele. Finanzwissen ist nicht prägnant genug, nicht griffig genug und auch vielleicht nicht einfach verständlich genug. Das Problem ist aber, dass die Finanzwelt mit unheimlich viel Anglizismen operiert. Wo ich manchmal nachlesen muss, was das jetzt wieder bedeutet, und neue Wörter auftauchen, die ich auch noch nie gehört habe. Am Ende sind die Dinge gar nicht so schwierig und ich glaube, wenn jemand im privaten Haushalt eine gute Haushaltsführung hat, was Einnahmen und Ausgaben angeht und damit, was übrigbleibt, dann hat er schon sehr viel von dem Thema Finanzen und Finanzierung verstanden.
BL: Ich finde es sehr witzig, dass sie genau das jetzt sagen. Weil, wenn mich Leute fragen, ob ich einen Finanztip habe, ist das mein Finanztip Nummer eins: „Buchhaltung anfangen für zu Hause“. Um erst einmal überschaubar zu sehen, was sind meine Einnahmen, was sind meine Ausgaben? Und damit ist man schon mal 50 Prozent weiter als die meisten Menschen auf der Welt.
RJ: Ja, ich habe zum Beispiel meine Mitarbeiter immer so behandelt, als wären sie selber kleine Unternehmer. Denn jeder hat sein Einkommen, jeder hat seine Ausgaben, jeder hat Miete, jeder hat vielleicht Kinder oder sogar Kinder, die im Studium sind, die Geld kosten. Und deswegen musste ich ihnen eigentlich selten erklären, wie Finanzierung funktioniert.
BL: Haben Sie da mitgekriegt, wie sich Menschen dann entwickeln, wenn Sie mit ihnen so offen darüber reden und so agieren?
RJ: Ja, habe ich schon erlebt. Dass Menschen sozusagen dankbar sind für Feedback, dankbar sind für Impulse, vielleicht auch mal durch die Tür kamen. Ich hatte persönlich in meiner Führungslaufbahn eine Open Door Policy. Bei mir konnte man kommen, wenn man ein Problem hatte oder nachfragen wollte. Und das haben die ganz gern angenommen. Aber sie haben dann auch was davon umgesetzt.
BL: Dann auch ganz allgemein gefragt, wo sind Sie persönlich investiert?
RJ: Ich persönlich glaube nach wie vor an den Wert von Aktien. Aber nicht im Sinne von kurzfristigem Handeln, sondern im Sinne von langfristiger Vermögensbildung. Das ist das eine. Und da ich viele Jahre in der Automobilindustrie verbracht habe, denke ich oft an meine ersten Berufsjahre zurück, die Achtziger und Neunziger. Von daher glaube ich, dass die Autos aus dieser Ära eine ganz interessante Asset-Klasse sind, die gewissen Wert haben, Wiedererkennungswert, Zeitmaschine. Man setzt sich rein und riecht von früher, wie der früher gerochen hat und erlebt das vielleicht auch im Fahren. Von daher ist das meine persönliche, präferierte Investition.
BL: Ein klassischer Sachwert.
RJ: Ist ein klassischer Sachwert, ja. Wird auch mittlerweile anerkannt. Es gibt ja sogar Banken, die das Thema Oldtimer bewerten und auch mit Finanzierung anbieten. Und ich fühle mich da bestätigt.
BL: Immobilien ist nicht ihr Thema?
RJ: Immobilien ist mehr im Sinne von Eigenbedarf mein Thema. Also das, was ich brauche, habe ich als Immobilie. Ich habe mich weniger um Immobilienvermietung und dergleichen gekümmert. Ich glaube, da hatte ich einfach zu viele andere Dinge um die Ohren.
BL: Wir haben über finanziellen Erfolg gesprochen und über Investmentthemen. Für viele ist das der Schlüssel zum Erfolg und auch zum Glück. Was bedeutet für Sie persönlich der Schlüssel zum Glück?
RJ: Der Schlüssel zum Glück ist, fängt bei mir, bei mir selbst an. Also der Schlüssel zum Glück ist, mit sich im Reinen zu sein, Selbstwertgefühl zu haben, seine Fehler zu reflektieren, an sich zu arbeiten, sich weiterzuentwickeln. Ich glaube an das Motto vom „lebenslangen Lernen“ und wenn man das mal als Ganzes nimmt, dann kann man auch sozusagen mit anderen zusammen viel einfacher glücklich sein und sich an vielen Dingen erfreuen. Ich glaube, wir leben heute natürlich in einer sehr materiellen Welt. Aber ich finde, es gibt auch viele Dinge, die nicht materiell sind, wie zum Beispiel die Natur zu erleben wie etwa beim Wandern oder sei es beim Reisen andere Kulturen kennenzulernen. Also zum Glück braucht es gar nicht so viel.
BL: Wenn Sie heute Medien konsumieren, konsumieren Sie Medien eher online oder offline?
RJ: Eigentlich beides. Wobei ich glaube, dass die Online-Medien natürlich eine ganz hohe Aktualität haben. Von daher sind die sehr interessant. Und wenn ich mich um einen Mittelstandskunden kümmere, ist Aktualität und präsente Informationen, aktuelle Informationen oft von Bedeutung. Da suche ich sicher mehr online. Wenn ich konsumiere, nehme ich auch oft noch die analoge, alte Variante.
BL: Auf welcher Website verbringen Sie am meisten Zeit?
RJ: Könnte ich gar nicht sagen. Also ich glaube, dass die allgemeinen Nachrichten á la NTV spielen eine wichtige Rolle. Das Thema, was passiert auf dem Kapital- und Finanzmarkt, spielt eine wichtige Rolle für mich. Aber ich bin auch an gesellschaftlichen Themen interessiert. Ich bin zum Beispiel auf der Seite von FAZ online, wo letztendlich nicht nur Fakten gebracht werden, sondern auch gewisse Interpretation. Die muss man natürlich persönlich für sich bewerten. Aber ich finde es gar nicht schlecht, manchmal auch gedankliche Impulse zu bekommen.
BL: Kurz mal zum zurück zum Thema unternehmerisches Risiko. Gab es irgendwann mal in ihrer Laufbahn einen Zeitpunkt, wo sie gesagt haben, jetzt haben sie sich verkalkuliert?
RJ: Nein, da habe ich Glück gehabt. Ich habe mich nicht verkalkuliert, aber das latente Risiko hat man immer. Und wir haben vorhin über richtige und falsche Entscheidungen gesprochen. Es kann immer mal passieren, dass eine Entscheidung falsch war, die dazu führt, dass man im Prinzip Geld verliert. Unternehmerisch ist uns das auch passiert. Also bei dem Wachstum, von dem ich vorhin berichtet habe, war nicht immer nur alles nur von Erfolg gekrönt. Wir haben auch Rückschläge und Niederlagen hinnehmen müssen. Wir haben auch mal Standorte aus wirtschaftlichen Gründen wieder rückabwickeln müssen oder dürfen. Aber ich glaube, da muss man einfach dazu stehen. Weil, wenn man realistisch, unternehmerisch an die Dinge herangeht, dann passieren einfach auch mal Niederlagen oder Flops, wie man so schön sagt.
BL: Würden Sie heute anders damit umgehen, als sie damals damit umgegangen sind?
RJ: Nein. Ich glaube, dass einfach der Mut, Dinge zu entscheiden, wenn man die berühmten 80 Prozent erkannt und verstanden hat, der ist wichtiger als im Alter jetzt statt 50 Checkpoints jetzt 100 Checkpoints zu checken. Ich glaube, das macht es nicht besser. Und ich glaube, das ist einfach so eine Art Vorwärts-Orientierung, die mit der Bereitschaft einhergeht, auch ein Risiko zu übernehmen.
BL: Zurück zu Ralph Jacoby als Privatperson. Gibt es eine Stadt, die sie ganz besonders mögen. Und wenn ja, warum?
RJ: Konstanz! (lacht)
BL: Warum?
RJ: Konstanz mag ich deshalb sehr, weil meine Mutter hier über 40 Jahre gelebt hat. Das heißt, ich habe die Entwicklung von Konstanz, ganz grob gesagt, seit den 70er, 80er Jahren schon miterlebt. Fand es immer eine sehr pulsierende Stadt, eine multikulturelle Stadt, eine Stadt, die natürlich auch durch die Nähe zur Schweiz viel Austausch hat, im alemannischen Sprachraum. Und was ich auch schätze ist, dass es hier viel Mikro-Kultur gibt, also der berühmte Bäcker, der noch selber backt. Der kleine Blumenladen, die kleine Bar, das Bistro und so weiter. Also von daher, eine meiner Städte, die ich sehr mag. Wenn ich es europäisch sehe, ist für mich außerhalb von Deutschland, Stockholm zum Beispiel eine faszinierende Stadt. Weil die Nähe zwischen urbanem Leben und Meer und das Meer auf den Inseln vor Stockholm ist dann auch sehr einfach. Also das rurale Leben, kennen vielleicht der eine oder andere noch aus den Büchern von Astrid Lindgren, hat auch seinen Reiz.
BL: Wie denken Sie, sieht Ihr Leben in zehn Jahren aus?
RJ: Also erst einmal ist natürlich das Wesentliche, dass wir gesund bleiben. Ich hoffe, dass es bei mir auch passiert. Ansonsten glaube ich weltoffen, neugierig, kommunikativ, mit Freunden. Freundschaften pflegen, halte ich für ganz wichtig. Gerade wenn man auch älter wird, dass man im Grunde genommen auch andere hat, die einen mal kritisieren und dann mit einem Dinge teilen, mit denen man Dinge genießen kann. Also von daher sehe ich den nächsten zehn Jahren sehr freudig und gelassen entgegen.
BL: Vielen Dank für Ihre Zeit.
RJ: Sehr gerne.
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Ralph Jacoby (RJ): Vielen Dank.
BL: Wir haben uns beide über LinkedIn kennengelernt. Damals war Ihr Claim bei LinkedIn „mit Menschen gewinnen“. Das hat mich interessiert, so sehr, dass ich Sie angeschrieben habe. Was bedeutet der Claim für Sie?
RJ: „Mit Menschen gewinnen“ ist natürlich erst einmal auf die Menschen direkt bezogen. Meine Erfahrung, als jemand der Führungsverantwortung gehabt und als Vorstand einen kleinen Konzern mitführen durfte, sagt einfach: Menschen muss man auf die Reise mitnehmen. So kann man viele Projekte realisieren, viele Fortschritte erzielen und Wachstum erfolgreich bewältigen. Das geht selten gegen die Menschen. Deswegen heißt mein Slogan: „Mit Menschen gewinnen“. Außerdem glaube ich, dass Menschen gewinnen, auch mit Respekt, mit Wertschätzung, mit Sympathie und mit Offenheit zu tun hat. Mit Menschen, die ich gewonnen habe, habe ich schon viele Erfolge erzielen können.
BL: Ich stelle mir das relativ schwer vor, bei Porsche ein Konzern-Controlling einzuführen. Ingenieure, die sonst nur bedacht waren, das Beste vom Besten zu nutzen, nicht auf Zahlen geguckt haben, werden auf einmal aufgefordert, auf Kosten und Zahlen zu achten. Wie war das damals?
RJ: Das war eine kleine Kulturrevolution. Die wurde dadurch eingeleitet, dass Porsche einen neuen Vorstandsvorsitzenden hatte. Der kam aus den USA und hat mit amerikanischer Denke sehr früh gefragt: „Wo ist das Controlling?“ Und es gab keins. Daraufhin haben die Personalverantwortlichen bei Porsche relativ schnell nach einer Handvoll Leuten geschaut, die willens und in der Lage sind, relativ schnell ein Controlling aufzubauen. Meine vorigen Erfahrungen in anderen Firmen haben mir da sehr geholfen. Wir waren also, ich sage mal, ein Kernteam. Und dieses Kernteam, wie sie gerade gesagt haben, hat viele Techniker und Ingenieure, promovierte Ingenieure, mit einem gewissen Habitus und mit einem Selbstverständnis dafür gewinnen müssen, letztendlich auch in wirtschaftlichen Dimensionen zu denken.
In der ersten Phase, bevor ich kam, war die Firma Porsche praktisch ein Unternehmen, was Fahrzeuge gebaut hat und an den Fahrzeugverkäufen verdient hat. Wir haben dann eine Phase gehabt, für die ich mitverantwortlich war, in der wir das Geschäft segmentiert haben. Das heißt, wir haben gesagt, es gibt Ersatzteile, es gibt eine Fremdentwicklung, es gibt Rennsport, es gibt Formel-1-Motoren, es gibt eine Werksreparatur und das haben wir Profitcenter-Kultur genannt. Und wir haben praktisch wie Unternehmer im Unternehmen, jedem Profitcenter einen Unternehmer, einen Verantwortlichen, einen Chef gegeben. Die waren sozusagen meine Gesprächspartner und ich war ihr Buddy oder ihr Coach, wenn Sie so wollen. Und nachdem die relativ viel dann auch berichten mussten, über ihre unternehmerischen Erfolge, war ich da sehr schnell sehr gefragt.
BL: Waren Sie denn damals eines der ersten Unternehmen in Deutschland, die das umgesetzt haben?
RJ: Nein. Porsche war nicht eines der ersten Unternehmen. Es gab viele Unternehmen, die die Betriebswirtschaft schon damals sehr hochgehalten haben. Das Controlling war natürlich noch eine relativ junge Philosophie. Controlling war nicht gemeint, im Sinne von kontrollieren, sondern im Sinne von steuern, planen, vorausschauen und Szenarien entwerfen. Diese Controlling-Philosophie war, so gesehen haben Sie recht mit ihrer Frage, eher noch jung – nicht neu, aber jung. Und dadurch gab es natürlich auch viele Gestaltungsmöglichkeiten.
BL: Was war damals die größte Herausforderung für sie bei dem Thema?
RJ: Die größte Herausforderung war schon, die Menschen dafür zu gewinnen, womit wir bei unserem Slogan sind. Es galt, die Überzeugung in ihnen zu wecken, dass nachhaltiger unternehmerischer Erfolg auch in einem größeren Unternehmen wie Porsche absolut notwendig und sinnvoll ist.
BL: Das heißt, sie haben die Grundlage für den heutigen Erfolg des Unternehmens mitgelegt.
RJ: Den Schuh würde ich mir nicht anziehen, der wäre mir zu groß. Schließlich gab es damals schon Leute wie den Wiedeking, der damals Assistent beim Produktionsvorstand war. Wir waren eine junge Liga, die, ich sage mal, schon einiges vorangebracht hat.
BL: Heute, Herr Jacoby, gewinnen Sie regelmäßig Menschen für sich selbst und für Ihr Unternehmen, für Ihre Mandate. Wie viele Mandate betreuen Sie aktuell?
RJ: Ich habe in der Regel mehrere Beiratsmandate und manchmal auch einen Aufsichtsrat dabei. Das sind zurzeit vier. Da ich nicht zu viel machen möchte, habe ich in der Regel zwischen drei und fünf Mandate, die ich parallel betreue. Das bedeutet letztendlich eine enge Kommunikation, ein hohes Vertrauen, viel zuhören, verstehen und von daher ein überschaubares Feld, aber auch ein sehr spannendes Feld. Und auch ein Feld, was sehr viel mit den Menschen zu tun hat, die hier agieren oder entscheiden.
BL: Wenn Sie sich heute Mandate aussuchen, was ist Ihnen dabei wichtig? Geht es da um die Geografie? Sie selbst kommen ja aus der Nähe von Stuttgart. Oder was für Punkte zählen, dass ein Mandat für Sie interessant wird?
RJ: Für mich sind Mandate dann interessant, wenn in dem Unternehmen eine Perspektive besteht. Wenn die Bereitschaft und die Offenheit da sind, auch in die Zukunft zu planen und sich nicht an der Vergangenheit zu orientieren. Und wenn es in einem gewissen Aktionsradius liegt. Also ich bin im Home Base, bei mir Stuttgart und von daher arbeite ich so ganz grob 200-300 Kilometer um Stuttgart herum. Das heißt, da geht es nach Frankfurt, da geht es nach München, da geht es ins Saarland, nach Rheinland-Pfalz und da geht es im Süden auch in die Schweiz. Dort sitzen viele mittelständische Unternehmer, mit mittelständischen Strukturen, oft auch mit Historie, mit Familien-Hintergrund. Das sind die Aufgabenstellungen, die mich reizen.
BL: Sie begleiten das Thema jetzt schon über 15 Jahre. Haben Sie in diesen 15 Jahren gemerkt, dass sich etwas verändert hat? Die Bereitschaft etwa, externe Berater dazu zu holen?
RJ: Ja. Ich glaube und sage das ganz offen, dass Berater nicht unbedingt immer gut beleumundet sind. Unter Beratern versteht man oft so etwas wie Theorie, Besserwisserei, Bevormundung und ähnliche Dinge. Da ich ja sozusagen selber lange unternehmerisch tätig war, lautet mein Credo eher: zuhören, verstehen, Themen erkennen und daraus letztendlich auch zukünftige Bilder, Szenarien und Ähnliches abzuleiten und diese sehr offen und sehr vertrauensvoll zu diskutieren.
BL: Sie haben davon berichtet, was Sie an Mandaten spannend und interessant finden. Gibt es etwas, auf das Sie bei Mandaten auch verzichten könnten?
RJ: Ich glaube, dass man sich bei der Arbeit mit Mandaten grundsätzlich immer darauf einstellen muss, dass man eine gewisse Flexibilität und Mobilität mitbringen muss. Manchmal darf das auch ein bisschen stressig sein. Damit habe ich kein Problem. Worauf ich verzichten kann, ist letztendlich, wenn zwischen den Beteiligten im Unternehmen Spiele gespielt werden. Wenn nicht offen miteinander umgegangen wird und wenn Probleme unter den Teppich gekehrt werden. Auf der anderen Seite bin ich ja dafür da. Meine Mission ist ja, die Dinge in einem gewissen Vertrauensverhältnis und einer vertrauensvollen Atmosphäre zu ventilieren und diese Dinge dann konkret, offen und auf den Punkt gebracht anzugehen.
BL: Ein Thema, das uns und unsere Kunden besonders beschäftigt, ist das Thema Finanzierung bzw. Finanzierung von Immobilien. Ich habe gesehen, dass auch Sie sich in einem anderen Kontext um das Thema Finanzierungen kümmern. Mich würde darum interessieren: Wenn Sie bei Ihren Mandaten zum Thema Finanzierung agieren, ob es im Augenblick irgendetwas gibt, wovon Sie sagen, dass es eine besondere Herausforderung darstellt, die Sie gerade haben?
RJ: Ja, da gibt es viele. Ich habe als Vorstand bei Bertrandt sehr viel mit Finanzierungen zu tun gehabt, weil wir ein stark wachsendes Unternehmen waren. Auf dem Weg von 150 zu 3.000 Mitarbeiter gab es viele Schwellen, viele Investitionen, die finanziert werden mussten. Meine erste Lehre, die ich heute in meiner Praxis anwende, ist, dass die Welt viel komplexer geworden ist. Dennoch kommt es auf der anderen Seite sehr stark auf Vertrauen an. Vertrauen in Sachen Finanzierung ist, glaube ich, Kommunikation. Das ist ein Thema, das unterschätzt wird und hat heute im technokratischen Sinne unheimlich viele Vorgaben: Basel I, Basel II, Basel III und vieles mehr. Aber im Grunde genommen muss ich mit Glaubwürdigkeit überzeugen und Vertrauen aufbauen, damit sich beide der Finanzierer – sei es Eigenkapitalfinanzierung, sei es Private Equity, sei es eine Bankfinanzierung, sei es Schuldscheingeber oder Ähnliches – ein Vertrauen aufbauen müssen, in das was, sie finanzieren. Und sie können nur ein Vertrauen aufbauen über eine offene Kommunikation, über Transparenz und über ein Grundverständnis für das, was da passiert.
BL: Das heißt letztendlich, dass es auch dort wieder um Beziehungen mit Menschen geht und darum, mit Menschen zu gewinnen.
RJ: Ich glaube, dass wir heute in unserer sehr digitalisierten Welt, die noch längst nicht am Ende ist mit der Digitalisierung, wieder eine zunehmende Bedeutung von Kommunikation und der Interaktion zwischen Menschen erleben werden. Das setzt aber bestimmte Werte und eine bestimmte Haltung voraus. Und ich sage bewusst auch einen Kommunikationswillen und Kommunikationskompetenz.
BL: Sehen Sie, gerade mit Hinblick auf Start-ups oder Jungunternehmer, bei denen es häufig um große Finanzierungsrunden geht, Fehler bei Finanzierungen, die Ihrer Meinung nach gemacht werden?
RJ: Ja, ich würde sagen, dass das nicht schuldhaft ist, aber einfach in der Natur der Sache liegt. Viele Start-ups, von denen ich einige begleitet liegt oder immer noch begleite, sind sehr stark inside-out orientiert. Sie sind sehr stolz auf das, was sie als Idee haben, was sie realisieren und erreichen wollen. Viele von ihnen sind noch nicht, ich sage jetzt bewusst noch nicht, in der Lage, sich in die Situation von Investoren zu versetzen. Sagen, was könnte uns zuwiderlaufen, mit welchen Problemen müssen wir rechnen? Gibt es die Idee vielleicht schon mal woanders? Hatte das schon mal jemand realisiert? Also ich bringe es mal auf den Punkt und sage zu dem Inside-out, völlig legitim, braucht es auch einen „Outside-in“, auch den Blick von außen, den neutralen Blick, den Fremdblick. Das hilft, glaube ich, die Dinge realistisch einzuschätzen.
BL: Sehen Sie das als eine Herausforderung nur für den Start-up-Bereich, oder begegnet Ihnen das zum Beispiel auch im Mittelstand?
RJ: Das begegnet mir auch im Mittelstand. Ich habe vorhin das Thema Zukunft und Vergangenheit angesprochen. Natürlich ist es honorig und sehr oft sogar bewundernswert, welche Lebensleistung in Unternehmen steckt, von Inhabern, von der Geschäftsleitung, von den Mitarbeitern, die Werte geschaffen haben. Aber die Vergangenheit ist nicht die sichere Bank für die Zukunft. Also muss man auch in die Zukunft schauen. Das sind Punkte, die ich dann moderiere und wo viele aber auch gerne mitgehen, weil sie verstehen, dass sie in der Zukunft gestalten können. Die Vergangenheit ist passé, daran können sie nichts mehr ändern.
BL: Da sprechen Sie ein schönes Thema an. Um es ein bisschen größer zu machen: den Standort Baden-Württemberg. Sie kommen viel mit dem Mittelstand zusammen. Wie sicher sehen Sie denn den Standort Baden-Württemberg und die Mittelständler aufgestellt? Ist das zukunftssicher? Sind sie zukunftsgewandt in Baden-Württemberg?
RJ: Ich glaube, dass wir in Baden-Württemberg oder überhaupt in Deutschland im Mittelstand weiterhin eine sehr stabile Situation erleben. Ich schätze besonders die Stärke des Mittelstands, sich an Veränderungen anzupassen, eine gewisse Resilienz zu haben, also auch mit Rückschlägen, Niederlagen, Problemen umzugehen. Wenn wir jetzt an die Corona-Situation denken, ist das nur ein Beispiel. Viele haben damit gerechnet, dass wir am Ende starke Abwärtsbewegungen erleben. Am Ende des Tages haben wir in 2021 aber viele Unternehmen erlebt, die zugepackt haben, in die Hände gespuckt haben und die Themen aktiv angegangen haben. Und plötzlich sogar profitable Ergebnisse erwirtschaftet haben. Von daher sehe ich Baden-Württemberg durchaus gut. Auf der anderen Seite muss ich sagen, Bundesländer, die Strukturkrisen hinter sich haben, denken Sie mal an das Saarland, denken Sie mal an Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen, da sind wir schon auch ein bisschen verwöhnt. Da tut es uns manchmal vielleicht ganz gut, auch mal zu sagen, auf was wir uns vorbereiten müssen, wenn es jetzt zum Beispiel einen Strukturwandel im Automobilbereich gäbe, der ja bereits längst im Gange ist. Ich glaube, da müssen sich viele Zulieferer noch intensiver über ihre Zukunft und über ihre Strategien, um diese Themen zu lösen, Gedanken machen.
BL: Umso schöner und wichtiger, dass es Menschen wie Sie gibt, die dabei helfen.
RJ: Danke.
BL: Vielen Dank. Da sprechen Sie ein Thema an, was auch für uns ein Thema ist, nämlich dann, wenn es darum geht, Standortanalysen durchzuführen. Und da haben wir für uns selbst auch festgestellt, dass Baden-Württemberg während der Corona-Krise wesentlich besser abgeschnitten hat, wenn es darum geht, die Anzahl der Arbeitsplätze zum Beispiel zu vergleichen mit anderen Bundesländern. Für uns auch immer relevant: „Was geht mit den Immobilienpreisen in den jeweiligen Standorten?“ Und deswegen kann ich das nur unterstreichen. Auch dort sehen wir einen Zuwachs. Gehen wir aber nun mal ein ganz anderes Thema an. Warum machen Sie heute das, was Sie tun?
RJ: Weil ich es liebe! Meine Arbeit erfüllt mich. Ich sehe es nicht als Job oder reinen Beruf, den ich einfach mache, um Geld zu verdienen, sondern ich habe mit so vielen Themenstellungen, so vielen Menschen zu tun, so viel in Situationen zu tun, in denen mir Vertrauen geschenkt wird. Das hängt sicher auch mit meiner Unabhängigkeit zusammen. Ich mache es, weil ich es will und nicht, weil ich muss, nicht weil ich jemandem darüber berichten muss. Und von daher für mich ist es eine Passion.
BL: Rückblickend betrachtet, was war die beste Entscheidung in Ihrer beruflichen Laufbahn?
RJ: Ich glaube, da gab es viele gute Entscheidungen. Aber meine beste Entscheidung war letztendlich, nach gut 25 Jahren in Führungspositionen, zuletzt bei Bertrandt, wo der Schwerpunkt sicher in der Automobilindustrie lag, den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen. Wie ich das aus meiner Warte sehe, spielen viele mit dem Gedanken, manche tun es und trauen sich dann auch. Ich denke, man muss sich darüber im Klaren sein, dass man das nur ganz oder gar nicht machen kann. Also ein bisschen selbständig, glaube ich, ist nicht erfolgreich und ich bin glücklich, dass ich den Schritt gemacht habe. Der hat mir viele neue Perspektiven, Blickwinkel eröffnet und mich auch im Leben noch vieles gelehrt.
BL: Mit Entscheidungen haben Sie ein spannendes Thema angesprochen, das auch für unsere Kunden und für uns sehr wichtig ist. Denn, ganz oft geht es darum, dass unsere Kunden zum allerersten Mal bei uns eine Entscheidung treffen, nämlich die Entscheidung dafür, aktiv in etwas zu investieren. Viele tun sich damit schwer. Haben Sie vielleicht Unterstützung in dem Bereich oder einige Tipps, die Sie Kunden von uns oder anderen mit an die Hand geben können?
RJ: Ja, ich glaube, der erste Punkt, den ich in meinem Berufsleben gelernt hatte oder in meinem Leben: Nicht jede Entscheidung muss richtig sein. Also, bei dem Firmenwachstum, von dem ich vorhin berichtet habe, würde ich sagen, haben wir von zehn Entscheidungen acht richtige gehabt und zwei falsche. Hätten wir aber die acht richtigen nicht getroffen oder als Entscheidung nicht getroffen, wären wir nicht vorangekommen. Es gibt ja den alten Spruch „Stillstand ist Rückschritt“. Von daher glaube ich, dass Entscheidungen, auch wenn sie falsch sind, einen immer voranbringen. Wenn man eine falsche Entscheidung trifft, finde ich es nicht wichtig, sie zu kritisieren, sondern zu lernen, warum man sie beim nächsten Mal anders macht. Das hat unseren Erfolg letztendlich mitbegründet.
BL: Sie haben schon von ein paar Entscheidungen in Ihrer Karriere berichtet. Waren denn alle Entscheidungen richtig, die Sie jemals getroffen haben?
RJ: Nein, die können auch gar nicht alle richtig sein. Für mich setzen falsche Entscheidungen einfach eine gewisse Fehlerkultur voraus, eine gewisse Toleranz, Bandbreite, die man da mitbringen muss. Aber wenn man unternehmerisch tätig ist oder sich unternehmerisch engagieren will. Auch eine Immobilie ist ja im Prinzip ein gewisser Invest, da muss man, glaube ich, in der Lage und willens sein zu entscheiden. Und ich glaube, in dem Moment, wo man eine Entscheidung getroffen hat, geht es einem auch besser. Weil Entscheidungen vor sich herzuschieben, Entscheidungen zu vertagen, das kennen ja viele von uns, fühlt sich nicht gut an.
BL: Jetzt haben Sie mit Investments auch ein neues Themenfeld aufgemacht, nämlich das vom finanziellen Erfolg. Was bedeutet für Sie persönlich finanzieller Erfolg?
RJ: Also finanzieller Erfolg, würde ich sagen, ist grundsätzlich eine Sache, die sich langfristig gerechnet hat. Also geht es nicht um die Quick Wins, also die kurzfristigen, schnellen Erfolge, die morgen aber schon Schnee von gestern sind oder schon vielleicht wieder verraucht. Ich glaube an langfristigen finanziellen Erfolg. Das Zweite ist, dass die Sinnhaftigkeit von finanziellen Entscheidungen eine große Rolle spielt. Finanzieller Erfolg setzt für mich auch voraus, dass man nach so und so vielen Jahren das Gefühl hat, dass man eine gute Investition getätigt hat. Das kann man theoretisch bis zum Moralischen ausdehnen und sagen: „Ich habe was Sinnvolles getan, ich habe etwas Richtiges getan und ich bin damit vielleicht auch niemandem auf die Füße getreten.“
BL: Das ist spannend. Das kann ich unterstreichen durch ein Zitat von Bill Gates, der hat mal gesagt: „Viele überschätzen, was sie in einem Jahr und unterschätzen, was sie in zehn Jahren erreichen“ ist das vielleicht auch etwas, was sie…
RJ: …würde ich unterstreichen.
BL: Sie sind ja heute hier, nicht nur als Ralph Jacoby, der Unternehmen berät, sondern auch als Privatperson. Wie bilden Sie sich denn als Privatpersonen für finanzielle Themen fort?
RJ: A, durch viele Gespräche. Ich glaube, der Austausch ist ganz wichtig. Also das berühmte Thema Netzwerk, Thema Austauschen, Thema Erfahrungen von anderen sammeln. Wie heißt der alte Spruch „Grau ist alle Theorie“, in der Praxis die Dinge zu hören, auch von anderen. welche Erfahrungen die zum Beispiel mit welcher Finanzierung machen, worauf es ankommt, welche unerwarteten Rückschläge oder Hürden es da möglicherweise gab. Also da bin ich mal grundsätzlich neugierig, spreche mit Leuten, höre mir die Dinge an und stelle gezielte Fragen. Und ich glaube, dass das kolossal hilft, um mit einer gewissen Routine dann auch mit Finanzierungsthemen umzugehen.
BL: Jetzt klingt das so, als wenn Sie sich sehr aktiv zum Thema Finanzen austauschen. Wenn Sie sich mal in Ihre Kindheit zurückerinnern, wie aktiv haben Ihre Eltern mit Ihnen über Finanzen gesprochen?
RJ: Meine Eltern haben mit mir wenig über Finanzen gesprochen. Aber die andere Seite war die: meine Eltern waren beide unternehmerisch tätig. Von daher habe ich in einem Unternehmerhaushalt relativ früh mitbekommen, welche Rolle Finanzen und Finanzierung spielen für den Erfolg und für die Existenz. Es war eigentlich mehr eine, ich sag‘ jetzt mal, eine intuitive Lernkurve oder eine intuitive Erfahrung, aber keine, bei der ich gezielt fortgebildet wurde im Elternhaus.
BL: Gehen Sie heute mit Ihren Kindern anders damit um? Sind Finanzthemen zu Hause aktiv ein Thema?
RJ: Ich habe drei Kinder und bin bei meinen Kindern der Meinung, dass sie mit Finanzierungen ihre eigenen Erfahrungen machen müssen. Natürlich hilft es immer, wenn sie ein gewisses Budget haben. Der eine gibt sein Budget ganz schnell aus, der oder die andere schafft es, den Kapitalstock vielleicht sogar zu mehren. Also ich glaube, dass eigene Erfahrungen, auch in Sachen Finanzierung, wertvoll sind, wiewohl es natürlich manchmal ganz gut ist, wenn man jemanden hat, den man fragen kann.
BL: Wie sehen Sie das generell? Finanzwissen in Deutschland? Sehen Sie, dass das eher gut verbreitet ist, dass offen darüber gesprochen wird oder Ihrer Meinung nach zu wenig? Gibt es da eine Meinung von Ihnen dazu?
RJ: Ich glaube, zum einen ist Finanzwissen ein bisschen ein unbekanntes Terrain für viele. Finanzwissen ist nicht prägnant genug, nicht griffig genug und auch vielleicht nicht einfach verständlich genug. Das Problem ist aber, dass die Finanzwelt mit unheimlich viel Anglizismen operiert. Wo ich manchmal nachlesen muss, was das jetzt wieder bedeutet, und neue Wörter auftauchen, die ich auch noch nie gehört habe. Am Ende sind die Dinge gar nicht so schwierig und ich glaube, wenn jemand im privaten Haushalt eine gute Haushaltsführung hat, was Einnahmen und Ausgaben angeht und damit, was übrigbleibt, dann hat er schon sehr viel von dem Thema Finanzen und Finanzierung verstanden.
BL: Ich finde es sehr witzig, dass sie genau das jetzt sagen. Weil, wenn mich Leute fragen, ob ich einen Finanztip habe, ist das mein Finanztip Nummer eins: „Buchhaltung anfangen für zu Hause“. Um erst einmal überschaubar zu sehen, was sind meine Einnahmen, was sind meine Ausgaben? Und damit ist man schon mal 50 Prozent weiter als die meisten Menschen auf der Welt.
RJ: Ja, ich habe zum Beispiel meine Mitarbeiter immer so behandelt, als wären sie selber kleine Unternehmer. Denn jeder hat sein Einkommen, jeder hat seine Ausgaben, jeder hat Miete, jeder hat vielleicht Kinder oder sogar Kinder, die im Studium sind, die Geld kosten. Und deswegen musste ich ihnen eigentlich selten erklären, wie Finanzierung funktioniert.
BL: Haben Sie da mitgekriegt, wie sich Menschen dann entwickeln, wenn Sie mit ihnen so offen darüber reden und so agieren?
RJ: Ja, habe ich schon erlebt. Dass Menschen sozusagen dankbar sind für Feedback, dankbar sind für Impulse, vielleicht auch mal durch die Tür kamen. Ich hatte persönlich in meiner Führungslaufbahn eine Open Door Policy. Bei mir konnte man kommen, wenn man ein Problem hatte oder nachfragen wollte. Und das haben die ganz gern angenommen. Aber sie haben dann auch was davon umgesetzt.
BL: Dann auch ganz allgemein gefragt, wo sind Sie persönlich investiert?
RJ: Ich persönlich glaube nach wie vor an den Wert von Aktien. Aber nicht im Sinne von kurzfristigem Handeln, sondern im Sinne von langfristiger Vermögensbildung. Das ist das eine. Und da ich viele Jahre in der Automobilindustrie verbracht habe, denke ich oft an meine ersten Berufsjahre zurück, die Achtziger und Neunziger. Von daher glaube ich, dass die Autos aus dieser Ära eine ganz interessante Asset-Klasse sind, die gewissen Wert haben, Wiedererkennungswert, Zeitmaschine. Man setzt sich rein und riecht von früher, wie der früher gerochen hat und erlebt das vielleicht auch im Fahren. Von daher ist das meine persönliche, präferierte Investition.
BL: Ein klassischer Sachwert.
RJ: Ist ein klassischer Sachwert, ja. Wird auch mittlerweile anerkannt. Es gibt ja sogar Banken, die das Thema Oldtimer bewerten und auch mit Finanzierung anbieten. Und ich fühle mich da bestätigt.
BL: Immobilien ist nicht ihr Thema?
RJ: Immobilien ist mehr im Sinne von Eigenbedarf mein Thema. Also das, was ich brauche, habe ich als Immobilie. Ich habe mich weniger um Immobilienvermietung und dergleichen gekümmert. Ich glaube, da hatte ich einfach zu viele andere Dinge um die Ohren.
BL: Wir haben über finanziellen Erfolg gesprochen und über Investmentthemen. Für viele ist das der Schlüssel zum Erfolg und auch zum Glück. Was bedeutet für Sie persönlich der Schlüssel zum Glück?
RJ: Der Schlüssel zum Glück ist, fängt bei mir, bei mir selbst an. Also der Schlüssel zum Glück ist, mit sich im Reinen zu sein, Selbstwertgefühl zu haben, seine Fehler zu reflektieren, an sich zu arbeiten, sich weiterzuentwickeln. Ich glaube an das Motto vom „lebenslangen Lernen“ und wenn man das mal als Ganzes nimmt, dann kann man auch sozusagen mit anderen zusammen viel einfacher glücklich sein und sich an vielen Dingen erfreuen. Ich glaube, wir leben heute natürlich in einer sehr materiellen Welt. Aber ich finde, es gibt auch viele Dinge, die nicht materiell sind, wie zum Beispiel die Natur zu erleben wie etwa beim Wandern oder sei es beim Reisen andere Kulturen kennenzulernen. Also zum Glück braucht es gar nicht so viel.
BL: Wenn Sie heute Medien konsumieren, konsumieren Sie Medien eher online oder offline?
RJ: Eigentlich beides. Wobei ich glaube, dass die Online-Medien natürlich eine ganz hohe Aktualität haben. Von daher sind die sehr interessant. Und wenn ich mich um einen Mittelstandskunden kümmere, ist Aktualität und präsente Informationen, aktuelle Informationen oft von Bedeutung. Da suche ich sicher mehr online. Wenn ich konsumiere, nehme ich auch oft noch die analoge, alte Variante.
BL: Auf welcher Website verbringen Sie am meisten Zeit?
RJ: Könnte ich gar nicht sagen. Also ich glaube, dass die allgemeinen Nachrichten á la NTV spielen eine wichtige Rolle. Das Thema, was passiert auf dem Kapital- und Finanzmarkt, spielt eine wichtige Rolle für mich. Aber ich bin auch an gesellschaftlichen Themen interessiert. Ich bin zum Beispiel auf der Seite von FAZ online, wo letztendlich nicht nur Fakten gebracht werden, sondern auch gewisse Interpretation. Die muss man natürlich persönlich für sich bewerten. Aber ich finde es gar nicht schlecht, manchmal auch gedankliche Impulse zu bekommen.
BL: Kurz mal zum zurück zum Thema unternehmerisches Risiko. Gab es irgendwann mal in ihrer Laufbahn einen Zeitpunkt, wo sie gesagt haben, jetzt haben sie sich verkalkuliert?
RJ: Nein, da habe ich Glück gehabt. Ich habe mich nicht verkalkuliert, aber das latente Risiko hat man immer. Und wir haben vorhin über richtige und falsche Entscheidungen gesprochen. Es kann immer mal passieren, dass eine Entscheidung falsch war, die dazu führt, dass man im Prinzip Geld verliert. Unternehmerisch ist uns das auch passiert. Also bei dem Wachstum, von dem ich vorhin berichtet habe, war nicht immer nur alles nur von Erfolg gekrönt. Wir haben auch Rückschläge und Niederlagen hinnehmen müssen. Wir haben auch mal Standorte aus wirtschaftlichen Gründen wieder rückabwickeln müssen oder dürfen. Aber ich glaube, da muss man einfach dazu stehen. Weil, wenn man realistisch, unternehmerisch an die Dinge herangeht, dann passieren einfach auch mal Niederlagen oder Flops, wie man so schön sagt.
BL: Würden Sie heute anders damit umgehen, als sie damals damit umgegangen sind?
RJ: Nein. Ich glaube, dass einfach der Mut, Dinge zu entscheiden, wenn man die berühmten 80 Prozent erkannt und verstanden hat, der ist wichtiger als im Alter jetzt statt 50 Checkpoints jetzt 100 Checkpoints zu checken. Ich glaube, das macht es nicht besser. Und ich glaube, das ist einfach so eine Art Vorwärts-Orientierung, die mit der Bereitschaft einhergeht, auch ein Risiko zu übernehmen.
BL: Zurück zu Ralph Jacoby als Privatperson. Gibt es eine Stadt, die sie ganz besonders mögen. Und wenn ja, warum?
RJ: Konstanz! (lacht)
BL: Warum?
RJ: Konstanz mag ich deshalb sehr, weil meine Mutter hier über 40 Jahre gelebt hat. Das heißt, ich habe die Entwicklung von Konstanz, ganz grob gesagt, seit den 70er, 80er Jahren schon miterlebt. Fand es immer eine sehr pulsierende Stadt, eine multikulturelle Stadt, eine Stadt, die natürlich auch durch die Nähe zur Schweiz viel Austausch hat, im alemannischen Sprachraum. Und was ich auch schätze ist, dass es hier viel Mikro-Kultur gibt, also der berühmte Bäcker, der noch selber backt. Der kleine Blumenladen, die kleine Bar, das Bistro und so weiter. Also von daher, eine meiner Städte, die ich sehr mag. Wenn ich es europäisch sehe, ist für mich außerhalb von Deutschland, Stockholm zum Beispiel eine faszinierende Stadt. Weil die Nähe zwischen urbanem Leben und Meer und das Meer auf den Inseln vor Stockholm ist dann auch sehr einfach. Also das rurale Leben, kennen vielleicht der eine oder andere noch aus den Büchern von Astrid Lindgren, hat auch seinen Reiz.
BL: Wie denken Sie, sieht Ihr Leben in zehn Jahren aus?
RJ: Also erst einmal ist natürlich das Wesentliche, dass wir gesund bleiben. Ich hoffe, dass es bei mir auch passiert. Ansonsten glaube ich weltoffen, neugierig, kommunikativ, mit Freunden. Freundschaften pflegen, halte ich für ganz wichtig. Gerade wenn man auch älter wird, dass man im Grunde genommen auch andere hat, die einen mal kritisieren und dann mit einem Dinge teilen, mit denen man Dinge genießen kann. Also von daher sehe ich den nächsten zehn Jahren sehr freudig und gelassen entgegen.
BL: Vielen Dank für Ihre Zeit.
RJ: Sehr gerne.