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„Das Rentabelste aus meiner Sicht, war es in Immobilien zu investieren“

“Das Rentabelste private Investment war es, in den letzten 15 Jahren in Immobilien zu investieren”: Dr. Holger Scholz, Zahnarzt, Unternehmer und Vordenker der Zahnmedizin im Interview mit Verumvest

Dr. Holger Scholz ist Inhaber der Tagesklinik Konstanz, Gründer bei Nutricosmos & Vitaminglück, Referent für verschiedene Firmen und Fachgesellschaften, Autor zahlreicher Bücher und Fachartikel sowie einer Fortbildungs-DVD, Beratender Zahnarzt der Swiss Mountain Clinic in der Schweiz und Geschäftsführer des “Council for Nutritional and Environmental Medicine” (CONEM) in Deutschland, u.a.

Im Interview mit Verumvest spricht er über die ganzheitliche Behandlung seiner Patienten, warum er in Konstanz nochmal ganz neu angefangen hat und welche Herausforderungen er gerade bei jungen Zahnärzt:innen sieht.

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Benjamin Leschkowski: (BL:) Herzlich willkommen, Dr. Holger Scholz. Du hast in Berlin Chemie studiert, in Hamburg Zahnmedizin, dann noch einige Semester Wirtschaftswissenschaften und anschließend Praxiserfahrung gesammelt in Hamburg, Düsseldorf und São Paulo. 1996 hast du deine erste Praxis in Hamburg gegründet und seit 2007 bündelst du hier in Konstanz in der Tagesklinik deine Energien erst als Partner, heute als Inhaber. Nebenbei warst du auf Mallorca und in der Schweiz in unterschiedlichen Praxen tätig, unter anderem auch in der Swiss Mountain Klinik. Darüber hinaus bist du Referent, Autor und Peak Performance Coach. Also seit 26 Jahren bist du Arzt und Unternehmer und dein Lebenslauf reicht für mehr als zwei Menschen. Aber du hast auch noch mit deiner Partnerin Katrin Schorz die Marke „Vitamin Glück“ gegründet. Meine erste Frage ist also: Hat dein Tag auch nur 24-Stunden? Oder wie schaffst du das ganze Pensum?

Dr. Holger Scholz (HS): Ja, also jetzt wo du es so aufzählst, ist es tatsächlich relativ viel, was wir und was ich so die letzten Jahre auf die Beine gestellt habe. Für mich ist es normal, um die Frage erst einmal zu beantworten. Mein Tag hat auch nur 24 Stunden. Und manchmal merke ich das tatsächlich auch und je älter man wird, desto mehr merkt man es auch. Das ist tatsächlich etwas, was früher null Herausforderung und überhaupt kein Problem für mich war. Im Gegenteil eigentlich nur Spaß gemacht hat. Heute merke ich tatsächlich so langsam ein bisschen, dass ich vielleicht manchmal auf die Bremse treten sollte. Aber nach wie vor ist es eigentlich so, wenn der Terminplan, wenn die Planungen nicht voll sind, dann werde ich nervös. Von daher, ja, es ist nach wie vor normal für mich.

BL: War dieser Werdegang von Anfang an unternehmerisch geplant? War es also von vornherein klar, dass du unbedingt Unternehmer und auch Arzt werden wolltest?

HS: Also, was für mich klar war, schon zu der Zeit, als ich das Abitur gemacht habe, war, dass ich auf jeden Fall selbstständig tätig sein wollte. Das war immer klar. Aber ich hätte noch nicht sagen können, in was für einem Beruf. Das war für mich nicht klar. Dass ich wirklich unternehmerisch tätig bin, das stand nie eigentlich auf der Agenda, das ist einfach so gekommen. Wie auch andere Dinge in meinem eigentlichen Berufsleben sich einfach entwickelt haben. Also insbesondere das, was ich heute zum Beispiel mache. Dass ich schwerpunktmäßig in einer Praxis kieferchirurgisch tätig bin, also implantologisch. Das hätte ich am Anfang meines Berufslebens als Zahnarzt rundweg abgelehnt. Das wäre für mich überhaupt kein Thema gewesen. Aber es hat sich mit den Jahren entwickelt und das mit dem unternehmerisch tätig sein genauso.

BL: Da sprichst du einen Punkt an, den ich ganz, ganz spannend finde. Und jetzt muss ich ablesen. Denn bei der Recherche auf das Interview, habe ich auf der Webseite bei euch folgendes gelesen: „Mein Ziel ist es, jeden Patienten so zu behandeln, als wäre er ein Familienmitglied oder guter Freund. Alles, was ich meinen Patienten empfehle, zahnärztliche Behandlungen, die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, körperliches Training, Meditation und vieles mehr, lebe ich in meinem eigenen Leben.“ Du hättest natürlich auch mit Qualität, Erfahrung etc. werben können. Warum hast du dich für diese Aussage entschieden?

HS: Das ist tatsächlich so ein, man kann sagen, „kleiner Bruch“ gewesen in meiner Tätigkeit. Als ich die Praxis in Hamburg verkauft habe und dann hier angefangen habe, zu dem Zeitpunkt war ich wirklich nicht mehr glücklich in dem Job, in der Art, wie ich arbeiten musste, weil ich eine Kassenzulassung hatte und da ist man an bestimmte Dinge gebunden. Und zum anderen war es so, dass ich für mich persönlich in diesem letzten Jahr in Hamburg immer mehr gelernt habe, was Gesundheit angeht. Ich habe mich angefangen für alternative Geschichten zu interessieren, für Coaching und solche Dinge. Dann war es so, dass ich immer mehr wusste und immer mehr gelernt habe, aber meine Patienten das eigentlich alles gar nicht wissen oder haben wollten. Die wollten im Prinzip nur so eine Art Standardversorgung haben. Da ist für mich ein Punkt erreicht gewesen, wo ich darüber nachgedacht habe, einen völlig anderen Beruf zu machen. Und zufällig, kann man sagen, hat sich in der Zeit eben auch diese Verbindung an den Bodensee ergeben und da haben wir dann einfach mit einer neuen Praxis und neuen Regeln angefangen. Was ich mich vorher einfach immer gefragt habe ist: Warum entscheiden sich Patienten zum Beispiel für eine andere Versorgung, als ich mich für mich entscheidend würde? Oder: Warum wollen die eine andere Versorgung, in der Regel minderwertigere Versorgung haben, als ich meiner Mutter geben würde? Und das Erste, woran man denkt, wenn man so eine Kassenzulassung hat, ist immer: Wie sind die Richtlinien? Was kostet das? Und all diese Dinge. Also, man denkt gar nicht an die Gesundheit. Und das hat mich einfach gestört und traurig gemacht. Das fand ich einfach nicht schön in diesem Gesundheitswesen. Das war dann für mich der Punkt, an dem ich entscheiden musste, ob ich mit Zahnmedizin weitermache oder eine neue Praxis mit neuen Regeln mache und die Hauptregel war ich. Ich entscheide oder ich möchte entscheiden, was letzten Endes die beste Versorgung ist. Weil ich der Experte bin. Ich möchte entscheiden, was die beste Versorgung für den Patienten ist und versuche, den Patienten das zu erklären. Und wenn er sich für diesen Weg entscheidet, ist es gut. Und wenn nicht, dann möchte ich ihn letzten Endes nicht behandeln. Also was ich zumindest nicht machen möchte, sind minderwertige Versorgungen, die ich für mich selber nicht in Frage kämen. Natürlich haben wir immer ein bisschen dieses finanzielle Problem. Das lässt sich in der Regel aber lösen oder entschärfen. Aber die Priorität ist letzten Endes die Gesundheit. Ich denke immer darüber nach, was würde ich bei meiner Frau machen? Was würde ich bei meiner Mutter oder bei meinem besten Freund machen? Und da würde ich auch nicht lange diskutieren, sondern würde mir überlegen, was es jetzt in dieser Situation die beste Versorgung und das machen wir dann. Deswegen steht das da.

BL: Dann steht es da genau richtig so. Hat sich zwischen Ende der Neunziger und deiner Anfangszeit in Konstanz und auch zu heute, etwas aus Patientensicht geändert? Sind die Patienten offener für diese Art von Versorgung? Oder ist das immer noch genauso wie ein Ende der Neunziger?

HS: Ich würde schon sagen, dass sich das verändert hat. Zum einen hat es sich sehr verändert mit dem Sprung von Norddeutschland nach Süddeutschland. Also die Offenheit der Menschen hier, für hochwertigere Versorgung und auch für so eine ganzheitlichere, integrative Betrachtung, die ist hier sehr viel größer, als es in Norddeutschland und Hamburg war. Das war schon mal der erste Punkt. Und das andere ist, dass in den letzten Jahren schon bei immer mehr Menschen dieses Bewusstsein für Gesundheit gewachsen ist. Wir haben es gerade in den letzten zwei Jahren gesehen, wo natürlich eine Art Krisensituation war. Aber da besinnen sich die Menschen so auf das Innere sozusagen, auf sich selber, auf ihre Gesundheit. Und da nimmt dann die Nachfrage nach so etwas zu und vor allem hat auch das Bewusstsein dafür deutlich zugenommen. Das kann man schon so sagen.

BL: Danke erst einmal dafür. Zurück zu deinen Anfängen. Was war denn die Motivation, um nach dem Chemiestudium mit Zahnmedizin anzufangen?

HS: Also eigentlich habe ich das Chemiestudium nicht zu Ende studiert, sondern habe das Studium angefangen, weil ich die Praktika, die man da macht, für Zahnmedizin brauchen konnte. Ich wollte keine Zeit verlieren. Da ich kein 1,0-Abitur hatte, habe ich nach meinem Abitur nicht sofort ein Zahnmedizin-Studienplatz bekommen und wollte die Zeit aber nicht verlieren. Deswegen habe ich geguckt, in welchem Fach ich die Praktika machen kann, die man in den ersten vorklinischen Semestern in Medizin und Zahnmedizin braucht. Darum habe ich mich dann für Chemie eingeschrieben. In der Schule war Chemie nicht gerade mein Lieblingsfach. Aber ich hätte es sowieso für das Zahnmedizinstudium gebraucht. Das war der Hintergrund.

BL: Verstanden danke. Zurück zu deiner ersten Gründung. Wie war das damals 1996 sich als Zahnarzt selbständig machen? War das anders als heute? Hat sich da etwas verändert?

HS: Also ich weiß nicht, ob es für die jungen Kollegen heute anders ist, als es für mich damals war. Ich kann nur sagen, dass ich kein Geld für eine Neugründung hatte. In meiner Welt hat die Praxis damals wahnsinnig viel Geld gekostet. Ich hatte schlaflose Nächte über Wochen und Monate. Manchmal bin ich nachts aufgewacht, an meinen Ordner gegangen und habe noch einmal nachgerechnet, ob es funktionieren kann oder nicht. Es war schon eine sehr emotionale Situation. Aber es war tatsächlich so, dass ich diese Räumlichkeiten damals gesehen habe, sofort verliebt war und gesagt habe: Da möchte ich meine Praxis haben. Es war in Hamburg so schräg gegenüber vom Rathaus. Ein perfekter Ort! Gar nicht so sehr aus wirtschaftlicher Sicht, denn das Problem oder die Herausforderungen in Hamburg war tatsächlich, dass in jedem Haus in der Innenstadt ein Zahnarzt sitzt. Zum Teil auch alteingesessene Zahnärzte. Und die Hamburger sind eher sehr konservativ, was das angeht. Die rennen nicht gleich zu einer Neugründung hin. Also rein von dieser Betrachtung her war es sicherlich eine schwierige Entscheidung. Aber ich habe mich so verliebt in diese Räume, dass ich gesagt habe: Hier möchte ich die nächsten Jahre verbringen. Denn das ist ja auch immer so ein Punkt. Man verbringt wirklich viel Zeit in so einer Praxis. Ich hatte vorher in einer Praxis bei einem Kollegen gearbeitet, der zwei normale Wohnungen zu einer Praxis umgebaut hat. Das war alles so gedrungen und nichts, wo ich die nächsten zehn Jahre verbringen wollte. Wir haben zwar schöne Zahnmedizin gemacht, und es war eigentlich alles, was das angeht, ganz gut. Aber es war kein Ambiente, in dem ich die nächsten zehn Jahre verbringen wollte. Deswegen bin ich dann diesen Schritt gegangen. Sicherlich risikobehaftet, aber mit einer sehr, sehr positiven Emotion dahinter.

BL: Das würde mich jetzt noch interessieren. Wenn du nachts wach geworden bist und die Zahlen noch mal nachgerechnet hast, was hat dich dann wieder zum Einschlafen gebracht? Was hat dich motiviert, das dann durchzuziehen?

HS: Schwer zu sagen. Letzten Endes ist es so, dass ich eigentlich immer, wenn ich einmal eine Entscheidung getroffen habe, auch zu 100 Prozent dahinterstehe. Und ich glaube, dass es keine wirklich falschen Entscheidungen gibt. Es gibt manchmal schwierigere Entscheidungen. Ich weiß ja nicht, was in meinem Leben passiert wäre, wenn ich mich für eine andere Praxis oder für eine andere Situation entschieden hätte. Ich hatte damals auch die Möglichkeit, als Partner in einer Praxis am Stadtrand von Hamburg mit reinzugehen. Das wäre sicherlich die viel bequemere Variante gewesen, weil die Praxis gut lief. Das wäre ein Renten-Job gewesen. Aber ich hatte mich dafür entschieden. Dieses Wachwerden und Nachrechnen, da ging es nicht um die Frage: Mach’ ich’s oder mach’ ich’s nicht? Sondern eigentlich um die Frage: Habe ich mich irgendwo verrechnet? Habe ich einen Fehler gemacht? Muss ich etwas korrigieren? Dass ich es machen möchte, war völlig klar zu dem Zeitpunkt. Die Entscheidung, ist eigentlich spontan gefallen. Also ich bin dann schon jemand, der natürlich nachrechnet und abwägt. Aber die Entscheidung dafür, die ist schon sehr emotional und spontan gefallen. Genauso wie später eigentlich auch die Entscheidung, aus Hamburg wegzugehen. Das war eine ähnliche, wenn man es so sagen möchte, verrückte oder irgendwie spontane Entscheidung, emotional auf jeden Fall, wie damals die Entscheidung für die erste Praxis.

BL: Emotion ist ein gutes Stichwort. Wenn ich dich so dabei anschaue, wenn du über Zahnmedizin redest, strahlen deine Augen. Was ist es, was dir so besonders viel Spaß macht an dem Thema Zahnmedizin und an dem, was du heute machst?

HS: Das war tatsächlich nicht immer so. Deswegen wollte ich nach den ersten zehn Jahren eigentlich den Job an den Nagel hängen. Es ist vielmehr das, was wir heute machen. Dass wir nicht nur darüber nachdenken: Wie können wir diese Lücke füllen? Oder: Wie kann ich dieses Loch füllen? Sondern einfach darüber nachdenken: Wie kann ich dem Patienten insgesamt gesundheitlich weiterhelfen? Und das Motto der Klinik heute nennt sich auch „Health and Emotion“, also Gesundheit und Emotion. Und Emotion im doppelten Sinne von Bewegung, „motion“, kommt von Emotion. Das heißt auch der Schwerpunkt, nicht nur in der Zahnmedizin, Gesundheit und Sich-Wohlfühlen, Emotion, also Ästhetik. Aber eben auch das Drumherum: Bewegung, Sport und auch Ernährung. Insofern spielt die Emotion da eine ganz, ganz große Rolle. Auch, weil ich das, was ich heute mache, wirklich wahnsinnig gerne mache.

BL: Also die richtige Entscheidung getroffen, rückblickend.

HS: Die richtige Entscheidung getroffen und ich würde für mich immer sagen, Glück gehabt, dass im richtigen Moment die richtige Konstellation aufgetaucht ist. Natürlich muss man auch in dem Moment dann zugreifen und nicht immer weiter abwägen. Auch das kenne ich von Kollegen, von Freunden, mit denen ich zu tun hatte, die im Prinzip in einer ähnlichen Situation waren, sich dann aber eben für einen anderen Weg entschieden haben. Das muss nicht unbedingt falsch sein, aber man darf sich hinterher nicht beschweren. Ich treffe lieber eine Entscheidung und stelle irgendwann fest: Das war jetzt nicht so gut, dann weiß ich aber wenigstens, dass ich es war. Ich treffe also keine Entscheidung und stelle hinterher fest, dass das nicht so gut war. Dann ärgere ich mich eigentlich. Wenn ich eine Entscheidung treffe, die sich als nicht optimal herausstellt, dann ärgere ich mich normalerweise nicht darüber, sondern versuche, mit 100 Prozent Energie das umzusetzen, was ich tue.

BL: Wo es Licht gibt, gibt es manchmal auch Schatten. Gibt es irgendetwas, von dem du sagst: Darauf kann ich verzichten, also im Bereich Zahnmedizin?

HS: Natürlich gibt es auch Regeln, an die man sich halten muss und solche Dinge. Aber das gehört sicherlich immer und überall dazu. Eine Herausforderung für mich ist, dass ich tatsächlich alles, was ich mache, wahnsinnig gerne mache. Und deswegen mache ich ziemlich viel davon. Und leider hat mein Tag auch nur 24 Stunden. Ich glaube, ich würde gerne auf einen Teil verzichten. Ich könnte aber jetzt spontan nicht sagen, worauf und woran ich das festmachen soll.

BL: Okay, ich durfte vor kurzem die Tagesklinik und euch besuchen und war extrem positiv überrascht über das, was ihr dort alles bietet. Mit einer regulären, normalen Zahnarztpraxis hat das ja gar nichts mehr zu tun. Das, woran ich mich besonders erinnere, sind Extra-Räume mit großen Sesseln, wo Leute sitzen, die Infusionen bekommen. Ihr habt ein eigenes Labor und die Vitamine und die Nahrungsergänzung dazu. Warum gibt es diesen Ansatz nicht auch in jeder anderen Praxis?

HS: Das, was wir machen, ist ja nicht unumstritten. Für die meisten Kollegen, egal ob Ärzte oder Zahnärzte, liegt der Fokus auf ihrem Fachgebiet. Wenn es um Dinge wie Vitamine zum Beispiel geht, ist die vorherrschende Meinung, dass wir diese nicht zu uns nehmen müssen, weil wir über die Ernährung ausreichend kriegen. Es gibt aber genug Studien, die zeigen, dass wir eben mit einigen Vitaminen und Mineralstoffen unterversorgt sind, obwohl wir, das stimmt ja, grundsätzlich die Möglichkeit hätten, uns optimal zu ernähren. Aber du kennst es auch: Wenn wir am Wochenende im Supermarkt mal in die Einkaufswagen der Leute gucken, dann ist eben genau das nicht drin, was wir eigentlich brauchen, sondern nur das, was unsere kurzfristige Befriedigung erfüllt und was uns glücklich macht, nämlich Kohlehydrate in der Regel und Zucker. Das heißt eben, dass wir in der Regel nicht optimal versorgt sind. Das betrifft selbst jemand wie mich oder uns, die wir sicherlich schon einigermaßen auf die Ernährung achten. Ich mache sogar mindestens einmal im Jahr einen Blutcheck, um zu gucken, wie es mir so geht und stelle immer wieder fest, dass da trotzdem noch, im Zweifel zumindest grenzwertige Werte dabei sind, was Vitamine angeht. Also bei mir war es zuletzt tatsächlich Vitamin C, was eigentlich ein Vitamin ist, an das wir nun wirklich überall theoretisch bekommen. Aber wenn wir zum Beispiel viel Stress haben, viel leisten wollen, noch Sport machen, unterwegs sind, dann haben wir auch einen hohen Verbrauch. Dann ist das eben nicht mehr bei jedem zu decken. Das ist etwas, was ich über die Jahre gelernt habe. Und ich habe mein Leben, ziemlich zu dem Zeitpunkt, als ich von Hamburg je nach Konstanz gekommen bin, verändert. Das heißt ich habe zu dem Zeitpunkt oder in dieser Zeit einige Coaching-Seminare gemacht, nicht so sehr, um andere Menschen zu coachen, sondern für mich war mir die Frage: Warum tue ich, was ich tue? Oder: Wie kann ich mein Leben optimieren? Ich habe viele Coachings bekommen und habe in dem Zuge mein Leben immer weiter verändert und immer weiter optimiert. Wenn ich mich vergleiche, als ich vor zehn Jahren hierhergekommen bin, im Vergleich zu heute, dann bin ich einerseits zehn Jahre älter geworden. Aber ich bin nach diesen zehn Jahren fitter, besser drauf, als ich vorher war. Das heißt, ich habe schon ein bisschen was richtig gemacht. Das ist das, was ich an meine Patienten weitergeben wollte und auch heute weitergebe, um ihnen klarzumachen, wenn wir nicht mehr so leistungsfähig sind oder irgendwelche Sachen nicht mehr so gut können, liegt es nicht immer nur daran, dass wir älter werden, sondern es liegt daran, dass wir einfach immer mehr Müll in uns reinkippen, und es immer mehr Umweltbelastungen gibt, die unser System einfach immer mehr belasten. Und so sammeln sich eben schlechte Dinge im Körper an und in der Regel sind es doch zu wenig gute Dinge, die wir an unserem Körper tun. Und dann treffen sich eben diese Kurven irgendwann und dann entstehen zum Beispiel chronische Krankheiten. Das sind die Dinge, die ich in meinem eigenen Leben gesehen habe, dass man sie optimieren kann. Das möchte ich einfach weitergeben. Deswegen ist das Konzept auch so, wie es ist. Also eigentlich total egoistisch. Ich habe die Praxis für mich gebaut: Ich habe einen Sportraum in der Praxis, den darf natürlich jeder nutzen. Aber primär habe ich den gemacht, damit ich keine Ausreden mehr habe, abends nach der Praxis zu sagen, dass ich nicht mehr ins Fitnesscenter kann oder ich nichts dabeihabe oder was auch immer. Ich muss nur eine Tür weitergehen und darf dort Sport machen. Ich habe die Praxis eigentlich für mein Leben gebaut und versuche, so viel wie möglich Menschen mitzunehmen.

BL: Würdest du jungen Menschen heute auch noch empfehlen, Zahnärztin oder Zahnarzt zu werden?

HS: Also grundsätzlich ja. Das ist etwas, was ich über die letzten 20 Jahre tatsächlich gelernt habe. Ich glaube, es ist heutzutage fast egal, was man macht. Hauptsache, man macht es mit Spaß und Leidenschaft. Für mich war immer klar, dass man Abi machen und etwas Vernünftiges studieren muss, um einen vernünftigen Beruf zu haben und um vernünftig Geld verdienen. Das ist etwas, was ich über die letzten 20 Jahre gelernt und gesehen habe, dass das so heute auf jeden Fall nicht mehr ist. Das Wichtigste es eigentlich, dass man etwas findet, wofür man brennt, wofür die Leidenschaft da ist und wobei man Spaß hat. Wenn man das findet, dann kann man in jedem Beruf erfolgreich sein.

BL: Um die Unternehmersicht auf das Thema Zahnmedizin noch einmal stärker zu beleuchten: Wo siehst du da für junge Zahnärzte vor allem die größte Herausforderung?

HS: Im Unternehmertum – überall. Denn, wenn man Zahnmedizin studiert, hat man von unternehmerischen Dingen praktisch keine Ahnung. Ich hatte das Glück, dass ich schon im Rahmen mein Abi unter anderem in Wirtschaftslehre gemacht habe und mich das damals interessiert hat. Ich habe dann am Ende des Zahnmedizinstudiums dann auch noch an einer Fernuni weiterstudiert, einfach, weil es mich interessiert hat. Aber ich stelle bei Kollegen fest, dass sie nicht wissen, was mit der Umsatzsteuer ist, ob sie umsatzsteuerpflichtig sind oder nicht. Oder die ihren Steuerberater fragen müssen, wie viel sie ihren Mitarbeitern zahlen können. All solche Dinge zeigen, dass viele völlig unselbstständig sind. Die wissen noch nicht einmal, was eine Stunde Praxis überhaupt kostet. Dann kann ich natürlich auch keine Kalkulation machen. Dann ist das wirtschaftlich betrachtet ein Glücksspiel. Das muss jeder Praxisinhaber lernen. Wenn ich eine kleine Praxis mit zwei Mitarbeitern haben, dann ist so etwas überschaubar. Da kann man vielleicht das eine oder andere aus Intuition heraus machen. Aber ab einer gewissen Größe ist es nun einmal ein Unternehmen und dann sind es auch viele unternehmerische Entscheidungen. Da ist ein extremes Defizit bei Zahnärzten und Zahnärztinnen. Da kann ich jedem nur empfehlen, sich parallel zum Studium für sowas zu interessieren. Geld ist ja so eine Sache. Viele sagen: „Ich möchte mich damit nicht beschäftigen.“ Aber das macht das Problem nicht kleiner, sondern am Ende größer. Es ist auch eine meiner Angewohnheiten, gerade die Dinge, die ich nicht gerne mache, als Erstes zu machen. Dann habe ich es erledigt und hinter mir und dann fühle ich mich hinterher auch gut.

BL: Dieses englische Sprichwort „Eat the frog“ ist also das, was du beherzigt. Wie ist das eigentlich: Wie lange dauert so eine Zahnarztkarriere oder Zahnärztinnenkarriere? Also, wie lange arbeitet man als Zahnarzt? Bis zu welchem Lebensjahr?

HS: Das ist eine gute Frage, die ich mir auch gerade stelle. Wenn man eine Kassenzulassung hat, da gibt es oder gab es eine Begrenzung, nach der man die Kassenzulassung zurückgeben musste. Genau weiß ich es nicht, weil ich selbst schon mehr als zehn Jahre keine mehr habe. Als Privat-Zahnarzt kann man im Prinzip so lange arbeiten, wie man will. Mein Vater, der einen ganz anderen Beruf hatte, war auch selbständig und hat weit über die Rentengrenze hinaus noch in seiner Firma mitgearbeitet. Einfach, weil es ihm Spaß gemacht hat. Mir bringt es übrigens auch ziemlich viel Spaß. Ich hoffe allerdings, dass ich nicht so lange arbeite, wie mein Vater das gemacht hat, sondern irgendwann so einen schleichenden Ausgang finde, weil mich auch noch viele andere Dinge interessieren. Aber es gibt keine feste Grenze. Das Rentenalter ist natürlich wie bei allen anderen auch. Aber in jedem selbständigen Beruf gibt es keine feste Grenze, letzten Endes.

BL: Jetzt bist du heute nicht nur als Zahnarzt und als Unternehmer und natürlich auch als Mensch hier, sondern auch als Investor. Deswegen würde mich jetzt mal ein dem nächsten Gebiet zuwenden. In was investierst du heute Zeit und Geld?

HS: Heute ganz klar überwiegend oder der größere Teil in Immobilien. Auf jeden Fall. Wenn du mich vor 15 Jahren gefragt hättest, hätte ich gesagt: Aktien am Neuen Markt. Das war auch für eine Zeit lang eine gute Idee, aber irgendwann kam ein kleiner Cut und da war es keine gute Idee mehr. Zu dem Zeitpunkt hatte mein Vater mir mal gesagt: „Junge, investiere in Immobilien.“ Und ich habe mir immer gesagt, dass es langweilig ist, da passiert nichts. Ich habe Gott sei Dank damals mehr per Zufall als durch intelligente Entscheidung, rechtzeitig den Absprung aus dem Neuen Markt geschafft, weil wir damals die erste, selbstgenutzte Immobilie gekauft haben. Das ist natürlich nichts für ein Investment, aber das Geld, das ich hatte, habe gebraucht für das Eigenkapital. Das war großes Glück, weil drei oder vier Monate später ist der Neue Markt quasi abgestürzt. Ich habe damals noch sehr mit mir gerungen, weil ich gesagt habe: „Nee, ich lasse das alles drin – in einem Jahr habe ich das ganze Haus davon bezahlt.“ Da gab es aber ein Veto zu Hause. Insofern war das eine ganz gute Entscheidung. Und ja, über die Jahre habe ich dann, sagen wir mal, ein vernünftigeres Investitionsverhalten an den Tag gelegt. Das heißt, ich habe versucht, ein bisschen zu verteilen. Wobei ich sagen würde, dass die langfristige Basis tatsächlich Immobilieninvestments ist. Ich habe mit kleinen Wohnungen, 30 Quadratmeter, Apartments angefangen, weil ich natürlich auch da das Risiko streuen wollte. Das heißt, ich hatte halt ein bisschen Geld zur Verfügung, von dem ich ursprünglich die Praxis abbezahlen wollte. Das habe ich dann nicht gemacht, sondern den Kredit einfach verlängert. Dann hatte ich aber das Eigenkapital und habe mit zwei bis drei kleinen Apartments angefangen. Also ich wollte nicht eine große Wohnung kaufen, weil ich natürlich nach wie vor Bedenken hatte. Was passiert, wenn mal einer nicht zahlt? Oder wenn etwas passiert, dann geht alles den Bach runter. Deswegen habe ich das so gemacht. Ich habe aber auch in diesen Jahren parallel immer wieder ein bisschen Gold gekauft. Das war so 2008 zu Lehman-Zeiten, wo ich dann auch das Gefühl hatte, dass es in drei Jahren keinen Euro mehr gibt. Man muss auch in andere Dinge investieren und zumindest auch ein bisschen in Aktien investieren. Wobei ich mit diesem Erlebnis „Neuer Markt“ im Hinterkopf – auch wenn ich selber kein Geld verloren habe – lange gebraucht habe, bis ich mir gesagt habe: „Jetzt investierst du auch mal wieder in Aktien.“ Wenn ich es retrospektiv betrachte, hatte ich zwar Glück mit dem Gold, aber grundsätzlich war das Rentabelste in den letzten 15 Jahren, in Immobilien zu investieren.

BL: Damit hast du mir drei Fragen abgenommen, die du schon diese damit bereits beantwortet hast, herzlichen Dank dafür. Was mich dann noch interessiert: Mit dem Wissen heute, also einmal als Unternehmer, aber auch als Investor, hättest du, als du angefangen hast zu investieren, irgendetwas komplett anders gemacht?

HS: Ja, ich hätte viel früher angefangen, in Immobilien zu investieren.

BL: Tatsächlich?

HS: Das auf jeden Fall. Und das ist auch etwas, was ich an meine Mitarbeiter heute versuche weiterzugeben, die sind so 20, 25 Jahre alt. Ich sage: „Ihr müsst die nächsten 60 Jahre Miete zahlen. Das ist doch verrückt.“ Wir nehmen keine übertrieben hohe Mieten, aber meine Mieter zahlen mir in 25 Jahren oder in 30 Jahren diese Immobilie ab, ohne dass ich da eigenes Geld reingesteckt habe. Und die sind ja noch viel jünger. Und das ist das, was ich heute, wo ich sage: „Hättest du mal auf deinen Papa gehört.“ Das hat er von Anfang an gesagt: „Junge investiere in Immobilien.“ Das hätte ich früher machen sollen. Und ich sehe auch das Eigenkapital bei der ersten Immobilie damals, das war ein kleines Büro, das waren 15.000 Euro, also das war jetzt nicht die Welt. Das schaffen viele, ich will jetzt nicht sagen jeder. Aber viele können so viel Geld zumindest mal zur Seite legen und dann klein anfangen und dann eben immer weitermachen. Das hätte ich früher gemacht. Aber auch das Selbstständig-Machen. Ich habe mich relativ früh selbstständig gemacht. Normalerweise muss man nach dem Staatsexamen zwei Jahre Assistenzzeit machen, aber ich habe vier Jahre gemacht. Das habe ich schon bereut, dass ich nicht sofort weitergemacht habe. Ich kann nur jedem raten, wenn man so einen Weg gehen möchte, dann so früh wie möglich.

BL: Vielen Dank dafür. Was bedeutet für dich persönlich finanzieller Erfolg?

HS: Schwer zu sagen. Ich habe ja quasi bei null angefangen. Als ich meine erste Praxis gekauft habe, hatte ich kein Geld. Ich habe sozusagen bei minus 80.000 DM angefangen. Und natürlich ist es schön, über die Jahre zu sehen, dass Geld da ist. Es gibt eine gewisse Sicherheit. Aber auf der anderen Seite würde ich sagen, vergrößert das auch ein bisschen die Sorgen. Denn je mehr man hat, desto größer sind die Verlustängste. Das ist etwas, was ich in den letzten Jahren gelernt habe. Mich davon ein klein bisschen freizumachen und zu sagen: „Wenn es weg ist, ist es weg. Es ist schön, dass ich es habe. Aber noch wichtiger ist, dass ich einen qualifizierten Beruf habe, dass ich gesund bin, und dass ich glücklich bin im Leben.“ Von daher ist dieser finanzielle Aspekt wichtig. Aber er sollte nicht das Leben beherrschen. Und wenn man ein wenig in der Welt herumreist, ist es mir immer wieder so gegangen, dass ich Menschen in Ländern kennengelernt habe, die viel, viel weniger hatten. Ich war auf Kuba und habe lauter glückliche Menschen kennengelernt. Das gibt einem dann schon so ein bisschen zu denken oder relativiert die finanzielle Seite. Ich habe zumindest bei mir selber auch gesehen: Je mehr Geld man hat, desto mehr gibt man auch aus. Das ist auch so ein Punkt. Ja, einerseits ist es schön, wenn man Geld investieren kann, aber für mich ist es wichtig, dass man sich davon emotional nicht allzu sehr abhängig machen sollte. Nehmen wir zum Beispiel die Praxis und eine Immobilie, die wir in Hamburg hatten. Da würde jeder sagen: „Das machst du jetzt halt die nächsten 30 Jahre weiter, weil das sicher ist.“ Aber das war etwas, zu dem ich gesagt habe: „Nein, ich bin nicht mehr glücklich in dem Moment.“ Und deswegen habe ich gesagt: „Ich verkauf das alles, ich fange wieder bei null an.“ Damals war ich in keiner guten Situation, um diese Entscheidung zu treffen. Denn ich hatte zufälligerweise, vier Monate vorher, die Kredite für die Praxis um zehn Jahre verlängert. Es war also nicht die richtige Situation. Trotzdem sollte dieses Finanzielle einen nicht so behäbig machen, dass man keine freie Entscheidung mehr trifft. Diese Angst, etwas zu verlieren, sollte nicht das Leben dominieren. Geld verdienen bringt Spaß und jeder sollte es versuchen. Aber es sollte nicht an erster Stelle stehen.

BL: Vielen Dank auch für diese offene Antwort. Noch einmal ganz kurz, weil es ein bisschen unser Thema ist, zu den Finanzen. Bildest du dich regelmäßig über das Thema Finanzen fort? Also gibt es irgendetwas, von dem du sagst, auf dieser Webseite verbringst du besonders viel Zeit? Oder das liest du oft?

HS: Also ich lese schon viel über Wirtschaft und Politik. Ich sage mal, wenn ich zum Beispiel in Aktien investieren möchte, dann muss ich mich aus meiner Sicht nicht so sehr dafür interessieren, wie Aktien funktionieren, sondern darum, was mit dieser Art von Unternehmen in den nächsten Jahren passiert. Dafür ist die Politik der wichtigere Faktor. Grundsätzlich treibe ich mich ab und zu im Internet auch auf Finanzseiten herum. Was ich seit Ewigkeiten mache, ist zum Beispiel die Wirtschaftswoche zu lesen oder auch unregelmäßig die eine oder andere Zeitschrift. Ich interessiere mich tatsächlich dafür. In einer gewissen Weise finde ich das spannend. Bei Immobilien muss man ehrlicherweise sagen, dass es nicht so kompliziert ist. Also wenn man für sich erst einmal entschieden hat, dass Immobilien ein gutes Investment sind, dann habe ich es für mich so gemacht, dass ich mir eine einfache Excel-Tabelle entwickelt habe, bei der ich so ein paar Rahmendaten einfach eingebe und dann kommt für mich eine Zahl raus, die mir sagt: „Das ist interessant oder das ist nicht interessant bei der Immobilie.“ So schwierig ist es nicht. Man muss es halt tun.

BL: Darf ich dich ab sofort bei jedem Kundentermin mitnehmen? Weil, dem kann ich nur zustimmen und kann das nur unterstreichen. Was ich oft sehe, in unserer Praxis ist, dass obwohl Menschen auf dem Papier sehen, dass es sich rechnet, die Hemmschwelle eine Entscheidung dafür zu treffen, so groß ist, aus welchen Gründen auch immer, dass sie diese Entscheidung nicht treffen. Und oft erlebe ich dann Menschen, die wir vor vier, fünf Jahren getroffen haben und jetzt innerhalb von vier Jahren einfach so viele Chancen verpasst haben, dass sie noch am gleichen Punkt stehen wie vor vier Jahren und sich aber selber darüber ärgern. Deswegen, das ist die Einladung: Du darfst mich gerne auf jeden Kundentermin begleiten.

HS: Ich habe das tatsächlich auch in der Praxis mit Mitarbeitern, die seit Jahren eine eigene Immobilie kaufen wollen. Und jetzt sind sie dran, eine zu kaufen und zahlen aber 60 Prozent mehr, als sie vor vier Jahren bezahlt hätten. Ich habe ja viel Coaching gemacht und der Grund für das Verhalten ist einfach genannt: Wenn ich mich verändere, wenn ich etwas Neues mache, dann bringt das erst einmal Unsicherheit. Und ein ganz wesentlicher Wert – bei Tony Robbins heißt das „six human needs“, also ein Grundbedürfnis – ist Sicherheit. Das hat jeder Mensch in sich. Das habe ich auch, aber mein Bedürfnis nach Sicherheit ist vielleicht dann gedeckt, wenn ich einen selbständigen Beruf habe und selber entscheiden kann. Das wäre für jemanden, der Beamter geworden ist, eine Katastrophe. Der hat auch Sicherheit als Bedürfnis, erfüllt es aber völlig anders. Wenn ich eine Entscheidung treffen muss oder möchte, dann muss ich einen Schritt gehen. Aber ich weiß nicht, wo der Schritt hingeht. Die Situation kann vorher so bescheiden sein, wie sie will, der nächste Schritt ist unsicher, und das hält die Menschen dann häufig in der Situation einfach gefangen. Es ist also nachvollziehbar.

BL: Betrachten wir einmal Sicherheit von einer ganz anderen Perspektive aus. Herzlichen Glückwunsch schon mal im Voraus. Morgen kriegst du Bescheid: Lottogewinn. Du kriegst einfach unendlich viel Geld. Es gibt einfach gar keine finanziellen Sorgen mehr. Was würdest du tun?

HS: Erst einmal mit meiner Partnerin schön essen gehen. Ich glaube, ich würde nicht sehr viel an meinem Leben verändern. Wie ich vorhin gesagt hatte, würde ich ein bisschen weniger arbeiten, aber ansonsten würde ich tatsächlich nicht so wahnsinnig viel verändern. Ich weiß gar nicht, ob mir das viele Sorgen nehmen würde. Wahrscheinlich eher nicht. Wahrscheinlich würde ich sogar mehr Sorgen haben, weil ich erst mal darüber nachdenken muss, was ich mit dem Geld mache. Aber ich würde nicht so wahnsinnig viel an meinem Leben ändern.

BL: Zu deiner Antwort auf die Frage mit dem Lottogewinn, nämlich dass du gar nicht viel ändern würdest, dazu kann man dir eigentlich nur gratulieren. Du hast anscheinend sehr viel richtig gemacht.

HS: Also ich hätte jetzt nichts gegen einen Lottogewinn, so ist es nicht. Also ein bisschen weniger vielleicht arbeiten, das kann sein. Aber dann würde ich mich wahrscheinlich langweilen und ich würde etwas anderes anfangen.

BL: Jetzt hast du in vielen Fragen schon einiges dazu gesagt, was deiner Meinung nach der Weg zum Glücklichsein ist. Gibt es irgendwo einen Schlüssel deiner Meinung nach, also der Schlüssel, um glücklich zu sein?

HS: Dann bräuchte ich keinen Lottogewinn mehr. Das ist wirklich sehr, sehr schwer zu sagen. Also ich glaube, man kann sich in fast jeder Situation sein Leben so einrichten, dass man glücklich sein kann. Das ist eben das, was ich in den letzten 10, 20 Jahren immer wieder auf der Welt gesehen habe. Also was man definitiv nicht sagen kann ist: Je reicher die Menschen sind, desto glücklicher sind sie. In meiner Schulzeit war für mich immer klar, dass ich viel Geld verdienen muss, damit ich glücklich bin. Da hatte ich ein Ziel, dass ich sogar hätte sagen können, wie viel DM ich verdienen möchte, damit ich glücklich bin. Als ich dieses Ziel erreicht habe, habe ich keinen Unterschied gemerkt. Und als ich mehr verdient habe, habe ich auch keinen großen Unterschied mehr gemerkt. Also dieses Glück ist etwas, was ich bei Tony Robbins gelernt habe. Es gibt immer die Möglichkeit, etwas von außen zu bekommen, was einen glücklich macht. Und es gibt die Möglichkeit, von innen heraus glücklich zu werden. Und das ist der deutlich nachhaltigere und ich würde mal sagen, sicherere Weg glücklich zu werden. Wenn man es aus sich selber heraus kann und sich nicht davon abhängig macht, was von außen auf einen einwirkt. Natürlich gibt es Situationen, die machen einen alles andere als glücklich. Das ist völlig klar, aber man sollte sich von äußeren Faktoren unabhängig machen. Ein wesentlicher Punkt ist zum Beispiel dabei auch, dass es einem egal sein muss, was andere denken. Vielmehr sollte man selber eine Entscheidung treffen und einfach machen und dahinterstehen. Ich glaube, dann ist man auch glücklich, selbst wenn es nicht immer die ganz richtige Entscheidung ist.

BL: Um einmal noch einmal auf das Thema Entscheidungen zurückzukommen: Als Unternehmer und Arzt triffst du jeden Tag Entscheidungen, auch solche, die das Leben anderer beeinflussen. Gibt es da einen bestimmten Prozess, wie du mit Entscheidungen umgehst oder hast du dir da etwas anderes angeeignet, wie du Entscheidungen für dich fällst?

HS: Zum einen macht man natürlich über die Jahre gewisse Erfahrungen und ich habe in meinem persönlichen Leben viele falsche Entscheidungen getroffen. Aber ich versuche, nicht zweimal den denselben Fehler zu machen. Und ich versuche, aus meinen Erfahrungen für mich zu lernen. Wenn es jetzt um andere geht, bin ich tatsächlich noch ein ganz klein bisschen vorsichtiger. Da ist es im medizinischen Bereich sicherlich so, dass ich mir vorher immer einen Fahrplan mache, wenn es zum Beispiel um Operationen geht. Ich denke darüber nach, wo was schiefgehen kann und was der Plan B ist, wenn es schiefgeht? So muss ich auch in dieser Situation nicht mehr lange improvisieren oder nachdenken. Natürlich versuche ich, den Plan A durchzuziehen. Aber wenn da ein Problem auftritt, dann sollte es eben Plan B geben. Ich bin für mich selber in meinem Leben sicherlich ein bisschen risikofreudiger, als ich jetzt es für andere wäre. Weil nicht jeder diese Risikofreude an den Tag legt und auch nicht jeder mit einer Niederlage gut leben kann. Das ist für mich etwas, wenn ich die Entscheidung getroffen habe, dann habe ich kein Problem, wenn ich irgendetwas in den Sand setze. Ich mache es nicht gerne, völlig klar. Und beim zweiten Mal passiert es mir sicher nicht mehr. Aber ich habe auch zum Beispiel am Anfang in ein kleines Unternehmen investiert, das nicht funktioniert hat. Daraus habe ich viel gelernt. Und manche Dinge von dem, was damals nicht funktioniert hat, habe ich zehn Jahre später für ein zweites Unternehmen genutzt. Dann habe ich mir gesagt: War doch ganz gut, dass wir es gemacht haben. Es ist ein Lernen und auch wenn mehr Erfahrung man hat, sollte man immer auch schon einen Plan B im Kopf haben. Gerade in meinem Beruf, in dem man auf eine Situation trifft, in der man feststellt, dass etwas funktioniert so nicht, dann ist man ja emotional auch selber in einer schwierigen Situation. Da trifft man dann keine guten Entscheidungen mehr. Da ist es gut, wenn man sich vorher Gedanken gemacht hat. Ich habe zwar immer scheinbar die Entscheidungen aus dem Bauch heraus getroffen, aber ich habe mir natürlich vorher schon einige Gedanken dazu gemacht. Ich glaube nicht, dass ich darum keine völlig verrückten Entscheidungen getroffen habe. Obwohl zum Beispiel eine gutgehende Praxis zu verkaufen, ein Haus zu verkaufen und zu sagen, ich gehe tausend Kilometer weiter, wo mich kein Mensch kennt, mit einem Konzept, das ich vorher nicht gemacht habe und fang neu an, da wird jetzt nicht jeder sagen, dass das eine intelligente Entscheidung ist.

BL: Das geht ein bisschen in die nächste Frage hinein: Rückblickend betrachtet, was war deine beste berufliche Entscheidung?

HS: Also mal abgesehen davon, dass es vom Ende her gesehen die richtige Entscheidung war Zahnmedizin zu studieren. Die beste Entscheidung war, in Hamburg die Praxis zu verkaufen und hierhin zurückzugehen und nicht nur beruflich, sondern auch privat. Also das war perfekt und hätte nicht besser funktionieren können. Dafür bin ich sehr, sehr dankbar, weil es ein Glück war, dass ich mich so entschieden habe. Natürlich, in einer gewissen Weise sind viele Fäden an einem Punkt zusammengelaufen und ich habe gesagt, jetzt ist der Zeitpunkt zu gehen. Ich denke manchmal zurück, was wäre, wenn ich da noch sitzen würde? Und merke, gut, dass es so gekommen ist.

BL: Dabei fällt mir ein: Wir sprechen oft mit Unternehmern und auch mit erfolgreichen Unternehmern und was viele eint – mehr als 90 Prozent – ist, dass es irgendwann in ihrem Leben eine Situation gab, bei der sie rückblickend betrachtend sagen, das war Glück. Darauf muss ich nochmal genauer eingehen, weil, da glaube ich noch nicht ganz dran. Ich glaube, dass da viel Vorbereitung dazugehört und viel Disziplin und viel Arbeit. Dass man dann ein rückblickend betrachtet, vielleicht das als Glück abtun möchte. Aber ich glaube, da gehört noch ein bisschen mehr dazu, oder?

HS: Ja, aber Glück insofern, als es ja nicht immer nur die eine richtige Entscheidung gibt. Und ich würde auch sagen, dass es ein Glück war, dass ich mich so entschieden habe, weil der andere Weg auch gut gewesen und auch nachvollziehbar gewesen wäre. Und ich würde nicht sagen: „Hast du gut gemacht.“ Manches ist im Leben eben auch Glück. Glück nicht im Sinne von Zufall, aber im Sinne von „Glücklicherweise habe ich diese Entscheidung getroffen“, oder: „Ich bin froh, dass ich die Entscheidung getroffen habe.“ Also Glück im Sinne von „Ich würfle jetzt mal“ das nicht. Das glaube ich tatsächlich auch nicht. Also wer sein ganzes Leben lang würfelt, kann Glück haben, aber darauf würde ich mich jetzt nicht verlassen. Glück eher im Sinne von Dankbarkeit.

BL: Jetzt noch mal ein bisschen was zu dir als Person. Ihr reist viel. Welche Stadt gefällt dir denn besonders gut und warum?

HS: Schwer zu sagen. Also Land, Region, würde ich sagen Norditalien, das ist mein Lebensgefühl, das ist es auch, wenn wir zu Hause kochen, dann mache ich eine Flasche Rotwein auf, dann zelebrieren wir das Kochen. Und wenn wir fertig gekocht haben, sind wir eigentlich schon fast satt. Die Stadt, in der ich bisher die glücklichsten Menschen getroffen habe, war Havanna.

BL: Das ist ein Aufruf für uns alle, Havanna zu besuchen.

HS: Ja, vor allem, bevor es so touristisch ist, dass alle Amerikaner da waren und das Land komplett verändert haben. Das ist eigentlich ein großes Glück, dass Amerika dieses Land boykottiert, weil es dadurch doch noch sehr authentisch geblieben ist. Ich kann nur sagen: „Anschauen!“

BL: Wie denkst du, sieht ein Leben in zehn Jahren aus?

HS: Vom Plan her ist es so, dass ich in meiner Praxis dann hoffentlich nur noch ein, zwei Tage in der Woche oder ab und zu da bin und ein paar kompliziertere, schönere, große Fälle mache. Ich mache relativ viel Vorträge aktuell schon und das ist etwas, was ich auf jeden Fall weitermachen möchte. Wir wollen Bücher, also erst einmal ein Buch, aber grundsätzlich Bücher schreiben. Ich habe ja schon zwei oder drei geschrieben, aber in eine bisschen andere Richtung, also eher allgemeiner, was Lebensführung angeht. Und das ist eben ein bisschen breiter angesetzt. Also ich werde nicht nur am Strand sitzen oder ich werde nicht nur hier auf der Parkbank sitzen, sondern mein Tag wird 24 Stunden haben. Und den großen Teil davon werde ich für irgendetwas scheinbar Sinnvolles nutzen.

BL: Holger, vielen Dank für das Gespräch. Ich kann dir einfach nur wünschen, dass dein Leben mindestens genauso weiter verläuft, wie es bisher verlaufen ist. Und persönlich wünsche ich dir, dass, wo immer du auch sein magst, das italienische Lebensgefühl dich begleiten wird. Und vielleicht sehen wir uns ja mal irgendwann in Havanna. Ich würde mich freuen. Vielen Dank für deine Zeit.

HS: Vielen Dank für die Einladung.

 

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